Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

194 Feldzug geg 
Seit September 1915 waren die russischen Garbekorps 
nicht mehr im Feuer gewesen. In beiden Gardekorps standen 
der russischen Führung 16 Jnfanterieregimenter zu 4 Ba- 
taillonen, im ganzen also an 64 ausgeruhte Bataillone zur 
Verfügung, etwa 70000 Mann Infanterie für die vorderste 
Linie mit etwa 100000 Mann Ersatz. 
Am 28. Juli setzte nach heftiger Artillerievorbereitung der 
allgemeine Angriff der 8. russischen Armee einschließlich der 
Garde unter Bezobrazow ein. Weiter nördlich griffen 
acht russische Divisionen ein verstärktes deutsches Armeekorps 
an. Während der rechte Flügel alle Angriffe abschlug und 
Kisielin hielt, mußte der linke hinter den Stochod westlich 
Trysten zurückgenommen werden. Der Feind drängte nach. 
Der folgende Tag (29.Juli) brachte heiße Kämpfe, die sich all- 
mählich über die ganze Front der Heeresgruppe Linsingen 
ausdehnten. Bei Swiniuchi (Front der 4. Armee GO. v. 
Tersztyänszky) wurde ein starker Angriff abgeschlagen. 
Wald-- und Handgranatenkämpfe fanden an verschiedenen 
Stellen statt. Ein Einbruch in eine österreichisch-ungarische 
Stellung weiter nördlich, wurde durch deutsche Gegenstöße 
wettgemacht. Ein Gegenstoß warf den westlich Trysten vor- 
gebrochenen Teil der russischen Garde wieder zurück. 
Der heiße Brennpunkt der Kämpfe aber entwickelte sich 
im Gelände von Kisielin. 
Am Nachmittag des 29. Juli zerschellte unter äußerst 
schweren Verlusten der erste gegen Kisielin vorgetragene An- 
griff. In fünf dichten Angriffswellen mit folgenden Gruppen- 
kolonnen und nachrückenden weiteren 20 Angriffswellen sollte 
Kisielin genommen werden. Umsonst. Ein gleichzeitig von 
Südosten angesetzter Angriff brach schon im Sperrfeuer zu- 
fammen. Um 4 Uhr erfolgte ein erneuter erfolgloser Angriff. 
Am 30.Juli erlitten drei Angriffe gegen das Vorwerk 
Leonowka das gleiche Schicksal. Weiter nördlich waren im 
Stochodabschnitt Liniewka—Janowka schwere Kämpfe im 
Gange, bei Liniewka drangen die Russen ein. Unsere dort 
dünne Verteidigungslinie wurde in der Nacht zurückverlegt, 
wodurch auch eine Verkürzung der Front am Stochodknie 
erreicht wurde. Das weiter nördlich am Stochod, genau 
östlich Kowel stehende österreichisch-ungarische Armeekorps 
(GdJ. Fath) wies in schweren Kämpfen alle Angriffe 
unter den größten Verlusten für den Gegner ab. Nur 
nördlich von Zarecze drang der Russe auf das linke Ufer 
und grub sich in den Sanddünen ein. 
Truppen einer Bayerischen Division trieben andere über 
den Fluß setzende Bataillone wieder zurück. 
Die beiden folgenden Tage (zi.Juli und 1. August) brachten 
den Abschluß des ersten allgemeinen Angriffs gegen den 
Stochod. Der erste Akt der Schlacht bei Kowel war vorüber. 
Den Russen hatte er nicht einen einzigen Schritt vorwärts auf 
dem Wege nach Kowel gebracht. Auch die Versuche, an den 
letzten Angriffstagen den Angriffspunkt mehr nach Norden 
gegen den Stochodlauf östlich von Kowel zu verlegen, blieben 
ohne Erfolg. 
Die Kämpfe bei Baranowicze im Juli 1916. 
Nach den Mißerfolgen Mitte Juni unternahm Gen. 
Lesch keine weiteren Angriffe, benützte aber die Zeit bis 
zum Juli, um seine Kräfte zu einem erneuten Stoß um-- 
zugruppieren. Die Kämpfe im Juli bilden ein Ruhmes-- 
blatt unseres Siebenbürgerkorps GdJ. v. Henriqnez. 
Am 2. Juli um 4 Uhr vormittags begann, nachdem der 
Feind schon während der Nacht zahlreiche Übergänge über 
n Rußland. 
den Serwecz und die Szczara hergestellt hatte, ein mörderisches 
Massenfeuer der russischen Artillerie. Gegen unsere Front 
Saossie—Karczewo Hagelten sogar Geschosse von 28 Zeuti- 
meter Kaliber. Bis Mittag wurden von den Russen etwa 
30000 Schuß abgefeuert. Am Nachmittage steigerte sich diese 
Ziffer bis auf 120000. 
In der Morgendämmerung des 3. Juli begann der Haupt- 
angriff der Infanterie. In die durch das Trommelfeuer 
schwerster Kaliber eingeebneten Stellungen bei Skrobowa 
und Karczewo darngen die Sturmmassen des Feindes ein. 
Deutsche Reserven warfen sie bei Karczewo wieder hinaus, 
wobei 1600 Gefangene gemacht wurden. Nur bei Skrobowa 
mißlang der Gegenangriff. Sehr heftig waren die Kämpfe 
beim Rittergut Saossie. Gegen unsere siebenbürgischen 
Jnfanterieregimenter Nr. 2 und 64 griffen dort in einer Front- 
breite von 6 Kilometer 4 russische Divisionen an. Im heftig- 
sten Handgemenge wechselten die Stellungen wiederholt den 
Besitzer, bis die Reserve (Infanterieregiment Nr. zi) und 
einige deutsche Kompagnien eingriffen und den Feind wieder 
hinauswarfen. Das Infanterieregiment Nr. 2 verlor die 
Hälfte des Bestandes, vermochte aber dennoch die Stellung 
zu halten. Auch die 64er behaupteten sich an diesem sowie 
an den nächstfolgenden Tagen trotz schwerer Verluste. 
Die Russen verloren an diesem Schlachttage weit über 
50 Prozent. Viele Kompagnien dieser 4 Divisionen hatten 
am Abend des 3. Juli einen Stand von kaum 20—zo Mann. 
Am 5. Juli flaute der Kampf allmählich ab. Das Brassoer 
Infanterieregiment Nr. 2, welches bei Gorodiszcze den schwer¬ 
sten Kampf zu bestehen hatte, mußte schließlich aus der Front 
gezogen und durch deutsche Truppen ersetzt werden. Am 
7. Juli griffen zwei neue russische Korps im Räume Karczewo— 
Wygoda das Kolozsvärer Infanterieregiment Nr. 51 an, 'das 
bei Tuganowiczi und Podgaino stand, heldenmütig die Stellung 
hielt und alle Angriffe erfolgreich abwies. Am 8. Juli 2 Uhr 
vormittags erfolgte ein erneuter heftiger Angriff, welcher 
den ganzen Tag andauerte. Vor der Front der 51er lagen über 
zooo Tote, ohne daß das tapfere Regiment auch nur einen 
Schritt zurückgewichen wäre. Es harrte aus, bis am 14. Juli 
der deutsche Gegenangriff die Russen vollständig zurückwarf. 
Die 64er hielten ihre Stellung durch volle 10 Tage, und 
wehrten in dieser Zeit nicht weniger als 20 feindliche Angriffe 
ab, bis sie, trotz eigener Bitte, weiter in der Front zu ver- 
bleiben, infolge der erlittenen Verluste aus der Front ge- 
zogen werden mußten. 
Es standen am 2. Juli fünf russische Divisionen gegenüber. 
Am 3. Juli wurde ihre Kampffront durch ein Grenadier- 
regiment verstärkt. Am 8. Juli kämpften weitere neue Divi- 
sionen auf russischer Seite: das XXXV. Korps, zwei des III. 
kaukasischen und eine des II. Korps. Die Verluste der Russen 
wurden auf 50 ovo Tote geschätzt, dem gegenüber wir nur 
4000 Gefangene machten; ein Beweis mit welcher Er- 
bitterung gekämpft wurde. 
In den folgenden Tagen benützten wir die eingetretene 
Ruhepause, um in Erwartung weiterer Angriffe unsere stark 
zerschossene Stellungen auszubessern. 
Am 25. Juli entbrannte der Kampf aufs neue. Artillerie- 
feuer hämmerte neuerdings auf unsere von den früheren 
Kämpfen arg hergenommenen Stellungen. Das russische 
XXXV. Korps (5?. und 67. Division) sowie die 52. Division 
des III. kaukasischen Korps stießen auf einer Front von nur 
3 Kilometer Breite vor. Sie wurden nach heftigem Hand- 
gemenge geworfen und ließen 1000 Tote auf dem Kampf- 
feld zurück.
	        
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