Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Brussilow-Offensive im Sommer des Jahres ryi6. 
Kämpfen unsere Truppen aus den zerschossenen ersten 
Stellungen nördlich von Okna in eine 5 Kilometer südlich 
vorbereitete Stellung zurück. Die wiederholten, mit größter 
Rücksichtslosigkeit für eigene Verluste angesetzten russischen 
Angriffe an der unteren Strypa, westlich Trembowla, uord- 
westlich Tarnopol und bei Sapanow erzielten keine Erfolge. 
Überall, wo der Feind seinen Sturm ansetzte, oder wo es 
ihm auch stellenweise gelang, in unsere Gräben einzudringen, 
wurde er geworfen. Massenhaft waren die Verluste ihrer 
durch eigenes Artillerie-- und Maschinengewehrfeuer immer 
wieder nach vorwärts getriebenen Sturmkolonnen. Bei 
Tarnopol lagen vor einer einzigen Bataillonsfront nicht 
weniger als 350 russische Leichen. 
Vor stark überlegenen Kräften mußten nach erbitterten 
Kämpfen unsere in Wolhynien an der Putilowka (beider-- 
seits Olyka) gestandenen 
Truppen über den Styr 
zurückgenommen werden. 
Mit äußerster Heftig-- 
keit wiederholten die Ruft 
sen, immer neue Massen 
heranführend, ihre An- 
griffe auch im Verlaufe 
der nächstfolgenden Tage. 
Trotz rücksichtslosen Maft 
senaufgebots konnten sie 
sich in dem größten Teile 
unserer Front keine Er- 
folge erkämpfen. Nur 
an den beiden Flügeln 
brachte ihnen die so viel 
besprochene und so gründ¬ 
lich vorbereitete Offensive 
einen räumlich begrenz- 
teu Geländegewinn. Die 
allgemeine Enttäuschung 
bei der Entente war groß, 
da sie mit Sicherheit an- 
genommen hatte, daß wir 
zum Zwecke der Durch- 
führung unserer so glän- 
zend verlaufenden Offensive in Italien die Ostfront entblößt 
hätten. Eine so große'Wehrkraft unserer, seit zwei Jahren 
gegen so viele Feinde kämpfenden Armee hatte wohl niemand 
erwartet. Während unsere Truppen siegreich in Asiago und 
Arsiero einzogen, vermochten wir gleichzeitig der drohenden 
Gefahr im Osten die Stirne zu bieten. Eine bedeutende 
Schwächung der bei unseren Feinden herrschenden Sieges- 
zuversicht mußte eingetreten sein, als am 31.Mai nebst der 
Kunde von der Einnahme von Arsiero und Asiago, die der 
siegreichen deutschen Seeschlacht am Skagerrak zu ihnen ge- 
drungen war. Niederschmetternd mußte auch der Tod Lord 
K i t ch e n e r s, welcher mit dem Kriegsschiff „Hampshire" 
am 5. Juni bei den Orknejinseln unterging, gewirkt haben, 
was natürlich an der Front verheimlicht wurde. 
Ringen an der ganzen Ostfront. 
Ungeachtet des russischen Einbruches bei Okna ver- 
teidigten die südlich der Einbruchstelle stehenden Truppen 
der Armee Pflanz er--Baltin mit Zähigkeit ihre 
Stellungen bei Dobronoutz, Rarancze und Boan noch bis 
zum 10. Juni. Nach schwerem Trommelfeuer stürmten die 
feindlichen Massen immer wieder gegen unsere nieder- 
gelegten Deckungen an, wobei es oft zum Handgemenge 
kam. An einer Stelle wurden 8, an einer anderen 5 schwere 
Angriffe abgewiesen, wobei sich unser schlesisches Jäger- 
bataillon Nr. 16 besonders hervortat. Bei den unerschöpflich 
scheinenden Reserven der Russen war ein weiteres Aus- 
harren an der Bukowinafront nicht mehr möglich, und 
unter harten Kämpfen vollzog sich der Rückzug, wobei sich 
die Armee Pflanzer-Baltin in zwei Teile teilte. 
Während der nördliche Flügel in westlicher Richtung zurück- 
ging, zog sich der größere Armeeteil bis hinter den Pruth 
zurück. Trotz des heftig nachdrängenden Gegners vollzog 
sich der Uferwechsel in voller Ordnung, und es gelang uns 
an vielen Stellen Geschütze und Kriegsmaterial mitzunehmen. 
Versuche der Russen, den Pruth oberhalb Ezernowitz zu 
Jakobenp. 
überschreiten, wurden durch unser Geschützfeuer zum Scheitern 
gebracht. Der nördliche über die Linie Sniatyn—Horodenka 
zurückgehende Armeeteil hatte überaus schwere Nachhutkämpfe 
zu bestehen. Russische Kosaken erschienen am 12. Juni in Sa- 
dagora und in den vorgenannten zwei Orten. Bald hatte 
auch Infanterie diese Orte besetzt, womit ein Stillstand in 
der Vorwärtsbewegung der Russen an diesem Flügel eintrat. 
Ein bemerkenswerter Vorfall spielte sich am 10. Juni an 
unserem äußersten rechten Flügel ab. Am 10. Juni überschritt 
eine russische Kavalleriepatrouille den Pruth auf neutralem 
Gebiet (im Distrikt Dorohoi). Dieser rückte in ter Nacht ein 
stärkeres russisches Detachement nach, welches den Grenzort 
Mamornitza besetzte, und auf diese Weise uns plötzlich in 
der Flanke bedrohte. Gegen diese Grenzverletzung wurde, 
um den Schein der Neutralität zu wahren, von Seite der 
rumänischen Regierung in Petersburg protestiert, worauf 
am 11. Juni Mamornitza wieder geräumt wurde. 
Der am N>rdufer des Dnjester, nordwestlich von Zalesczyki, 
stehende Nordflügel der Armee Pflanzer-Baltin mußte, 
da nachdem Falle von Okna seine Stellung unhaltbar geworden 
war, dem heftigen Drucke der Russen nachgeben und, als nach 
erbitterten Kämpfen die Strypalinie von ihrer Mündung bis
	        
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