Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die russische Märzoffensive 1916. 
Vorbereitung zu überrumpeln ver- 
sucht. Aber die Deutschen gewahr- 
ten rechtzeitig die Heranschleichen- 
den, ließen sie unbelästigt bis an 
die Hindernisse und eröffneten 
ein plötzliches Feuer. Grauenhafte 
Vernichtungsarbeit! Oer Rest 
drängte zurück, doch in der furcht 
baren Verwirrung und Todes 
angst fand er die eigenen 
dernisdnrchgänge nicht und die 
deutschen Maschinengewehre blie- 
ben unbarmherzig... Am L a w/ 
kessabache wurden 600 Tote 
gezählt. Nochmals bereiteten ruft 
sische Granaten neuen Stürmen 
den Boden. Dann wurden sechs 
Regimenter von drei verschiedenen 
Divisionen vorgetrieben—zu un¬ 
nützem Opfertode. 
A m 2 z. M ä r z aber steigerte 
sich hier das russische Geschütz- 
seuer zu wahrem Höllenwerk. Bin- 
uen kurzer Zeit fielen 11400 Schuß, 
darunter 27? schwerster Sorte. 
Doch, als die arme Infanterie 
anstürmte, blieb sie schon 400 Meter vor den Stellungen 
liegen. Auch ein zweiter Angriff mißlang und zerrieb Tau- 
sende von Menschenleben. Aber mit diesen hatte die russische 
Heeresleitung ja nie gespart! 
Dafür brachte der 24. März südlich und bei D ü n a- 
bürg nur nichtige Gefechte, Versuche, die Ermüdung der 
Truppen zu verschleiern, indes bei I a k 0 b st a d t wieder 
neue Vorstöße einsetzten. Größere Kämpfe waren hier schon 
am 2 2. M ä r z aufgeflammt, nun stand die Front in hellem 
Brande, als neue sibirische Truppen eintrafen. Die sollten 
ihn weiter tragen und die Niederlagen der letzten Tage wett- 
machen. Die Deutschen hatten stets die trefflichen solda- 
tischen Eigenschaften der Sibirier bewundert, nun packten 
sie das Gewehr fester, denn sie wußten, diese Söhne des 
weißen Zaren schlugen sich stets tapfer bis zum Letzten. Wieder 
legte sich rasendes Trommelfeuer auf die deutschen Gräben, 
östlich von B u s ch h 0 f erfolgte diesmal der Hauptangriff. 
„Eine neue Sturmflut trugen sie hier gegen die deutsche 
Front, eine Flut, in der sich Sturzwelle auf Sturzwelle 
fast ohne Aufhören drängte." Was half es ihnen? Die 
Erde trank sich übersatt, aber die Deutschen hatten ihre Stel- 
lungen behauptet. 
Auch gegen W i d s y, selbst noch in der Nacht, rannten 
die Russen verzweifelt, aber erfolglos an. Und südlich des 
Naroczsees hatten sie kaum zu mäßigem Kanonen- 
gespräch die Kraft gefunden. 
Aber in der Nacht zum 2 5. M ä r z rafften sie sich in der 
Seenenge nochmals auf und stürmten, doch wurden sie ab- 
geschlagen und nordwestlich von P 0 st a w y nahmen die 
Deutschen 1 Offizier und 15? Mann gefangen. 
Auch südlich und südwestlich von Dünaburg scheiter- 
ten am 2 5. M ä r z die Vorstöße der Russen schon im Ge- 
schützseuer. Bei Widsy und I a k 0 b st a d t aber ruhte 
der Kampf. 
Dagegen war der 26. März wieder ein Tag blutig- 
sten und erbittertsten Ringens. Bei Jakobstadt setzten 
die Russen selbst im Osten unerhörte Massen an Menschen 
und Munition ein, um ihr Durchbruchsziel zu erreichen. 
Aber sie holten sich nur neue Verluste. 
Ebenso fruchtlos blieben ihre Opfer bei W i l e i t y. 
Am 26. März tobte auch südlich des Naroczsees 
wieder besonders heftiger Kampf. Vier Divisionen rückten auf 
der Linie Spiagta—Südrand des Naroczsees 
vor. Aber sie wurden durch deutsches Geschützfeuer zersplittert. 
Auch ein neuer Vorstoß — nachmittags — brach unter großen 
Verlusten zusammen. 3000 Tote lagen vor den Stellungen. 
Das Schlachtfeld am Naroczfee schilderte ein hollän- 
bischer Berichterstatter: „An zwei Stellen habe ich weit über 
tausend noch nicht weggeräumte Tote mit bloßem Auge 
zählen können. Besonders mörderisch ist der Kampf ge- 
wesen, wo die Russen in die deutsche Stellung eingebrochen 
waren und danach völlig wieder hinausgeworfen worden 
sind. Auf einer großen Wiesenfläche, die sich zwischen den 
Waldstellungen beider Gegner ausdehnt, sind russische Ko- 
können niedergemacht, wie sie in breiter Front angriffen. 
Wo der Einbruch nicht gelang, liegen die Leichen noch bis 
auf 3Meter von ben deutschen Gräben entfernt. Wo der 
Einbruch gelang, sind diese Stellungen völlig verschwunden, 
weil nach dem russischen Trommelfeuer das deutsche folgte. 
Deutsche Soldaten haben bis zum Bauch im Wasser stehend 
bei 6Grad Kälte Tag und Nacht die Angriffe abgeschlagen. 
Weiter südlich, wo die Stellungen besser ausgebaut sind, 
ist die Offensive stellenweise viel leichter und fast verlustlos 
abschlagen worden. Bezeichnend für den russischen Angriff 
war die durch Gewaltmittel noch mehr gesteigerte rücksichts, 
lose Tapferkeit und die mangelhafte untere Führung." 
Auch die deutschen Flieger leisteten treffliche Arbeit. 
Sie belegten die Bahnhöfe von D ü n a b u r g, W i l e i k a 
und die Bahnanlagen an der Strecke Baranowicze— 
Minsk mit einer tüchtigen Tracht Bomben. 
Immer mehr hatte sich in den Kämpfen der letzten Tage 
das Selbstvertrauen der Deutschen gefestigt. Immer kräft 
tiger waren ihre kleinen Gegenangriffe geworden und am 
Morgen des 27. März führten westpreußische
	        
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