Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Verfolgung gegen 
Brest-Litowsk. 
(5. bis 16. August.) 
Am 5. August zog 
Erzherzog Joseph 
Ferdinand zu vor- 
übergehendem Auf-- 
enthalte in Lubliu 
ein, vom Präsidenten 
her Stadt, Gemeinde-- 
raten, Gouverne- 
mentvertretern, dem 
Kommandanten der 
freiwilligen Bürger- 
miliz, römisch-katho- 
lischenDomherrn,dem 
protestantischen Su- 
perintendenten, einem 
Mitglieds des israeli-- 
tischen Kultusvorstan-- 
des u. a. m. feierlich 
empfangen. Die Ge- 
nngtuung der Ecschie- 
nenen, jener Person-- 
lichkeit huldige» 
können, die die söe# 
dränger des Polentums, das in hundertjähriger Sklaverei 
den Glauben und die Hoffnung aufbessere Zukunft verloren, 
in die Flucht geschlagen hatte, steigerte sich, als Erzherzog 
Joseph Ferdinand in seiner Antwort auf die Be- 
grüßung des Präsidenten der Stadt die Versicherung aus-- 
sprach: „Die verbündeten Armeen führen den Krieg gegen 
die russische Wehrmacht, nicht aber gegen die friedliche Be¬ 
völkerung der von uns eroberten Gebiete." Die am Sieges- 
zuge der Eczherzogarmee beteiligte Polnische Legion schlug 
in Lublin ihren Werbetisch auf, der alsbald von Scharen 
umdrängt war. 
In dem mit zahllosen Wasserlinien bedeckten, strecken- 
weise versumpften Gelände Hansk—Wyticznü—Krasne hatte 
der Feind Gelegenheit, seine Verfolger aufzuhalten. Wo 
ihm westlich dieses Raumes, zwischen der Tysmienica und 
dem Wieprz, dann im Wieprz—Weichselgelände die natürliche 
Stärke von Stellungen abging, hatte er, soweit es ihm noch 
möglich, Kräfte zusammengeballt, die sich hier stellten. 
Wieder setzten die todesmutigen, von dem Tatendrange 
ihres erlauchten Heerführers beseelten Truppen Joseph 
Ferdinands mit aller Wucht zum Stoße an. Lu- 
bartüw, das mit äußerster Anstrengung gehaltene, 
wurde am 7. August genommen und der Feind flutete in 
voller Auflösung zurück. Hier waren es das k. u. k. XVI. 
und XVII. Korps, die diesen neuen vollen Erfolg erzielten, 
während westlich die anderen den Feind an und über den 
Wieprz zurückwarfen. 
Am 8. August standen sie schon an der Flußlinie und am 
y. war der linke Armeeflügel, das k. u. k. VIII. Korps, 
bereits am Nordufer, wo es ostwärts Ulcz und Razanow 
mit der Front gegen Nordosten festen Fuß faßte. 
Bei Rossosz reichten an diesem Tage 
die kürzlich noch durch weite Gefilde 
undfeindlicheMassengeschiedenenKamps- 
genossen einander die Hände: die Trnp- 
pen des Erzherzogs trafen hier jene des 
Brest-Litowsk: Haupteingang der Zitadelle mit der gesprengten Hängebrücke. 
G d I. v. K ö v e s s, die — nach der Eroberung von 
Jwangorod der Heeresgruppe des Prinzen Leopold von 
Bayern unterstellt — die Vorrückung gegen den 
Bug aufgenommen hatten. 
Die Kette der Verbündeten östlich der Weichsel war lücken- 
los hergestellt, das Schwenken Mackensens in eine 
neue Frontrichtung angebahnt. 
Indessen sein linker Flügel, das k. u. k. VIII. Korps, 
in ihr mit der Direktion auf Radzyn flott vorwärtsschritt, 
stand der Feind noch an der Tysmienica, deren Anland er 
durch Ablassen der Teiche überschwemmt hatte und in seinen 
anderen sumpf- und wassergeschützten Linien bis zum Bug. 
Auch noch am 12. August, als im Norden schon 
Luküw und die obere Krzna erreicht war. 
Jetzt drang die Erkenntnis der Gefahr, 
nicht mehr zurückzukommen, wie ein Blitz- 
strahl in alle feindlichen Reihen und 
panikartig eilten sie gegen Brest-Litowsk 
zurück. 
Ihr Tempo hiebei und jenes der Verfolger 
erhellt aus der letzteren Ziele, die am 16. August erreicht 
wurden: Koden am Bug, Piszczac, Grud und Komarno 
nördlich der Krzna! — 
N.ich dem Zusammenschließen der inneren Flügel der 
Heeresgruppe v. Ma ckensen und des Prinzen Leo- 
pold von Bayern an der Bahnlinie Jwangorod— 
Luküw—Miedzyrzecze trat der Einklang der Operationen 
gegen den Bug täglich mehr hervor und wurde schließlich 
durch den Umstand besiegelt, daß von Mitte August an die 
Leitung dieser Gesamtoperation einverständlich mit dem 
k. u. k. Armeeoberkommando von der deutschen Obersten 
Heeresleitung erfolgte. 
Bis Miedzyrzecze bildete die Bahn die Grenze zwischen 
den Heeresgruppen. Von hier aus war es die Linie RogoZ- 
nica—Swory—Konstantynüw—Nemirüw und jenseits des 
Bug Klukowiczy—Kamieniec-Litowskij. 
Der Sommerfeldjng in Russisch-Polen 1915.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.