Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Lublin — Das Krakauer Tor, 
Der Sommerfeldzug i» Russisch-Polen 1915. 
Große Truppenansammlungen bei Wkadimir—Wokyns- 
kij und Hrubieszow gelangten bald zur Kenntnis der Ver- 
bündeten. Zwar wich der Feind in den ersten Julitagen 
bei Sokal und Krylow über den Bug zurück. Dennoch blieb 
aber diese und die nördliche Buggegend immer noch die 
Achillesferse der Operation v. Mackensens. 
Der Widerstand des Feindes vor der deutschen n- Armee 
wuchs von Tag zu Tag und die Meldungen der vordersten 
Linien, daß er nun besser mit Munition dotiert sei, häuften sich. 
Schwere Kämpfe bestanden das k. u. k. vi. Korps beider- 
feits der Huczwa und die westlich von ihm vorgehenden Deut* 
scheu; insbesonders an der 
Labuuka—Porlinie scheute 
der Feind keine Austrat; 
guugen und Opfer. 
GFM. V.Mackensen 
erachtete es angesichts die-- 
ser Verhältnisse für zweck-- 
mäßig, in der Vorbewegung 
der deutschen^. Armee eine 
Pause eintreten zu lassen, 
während deren er daran 
schritt, durch Krästeverschie- 
bungen die Maßnahmen 
des Generals R u s k i zu-- 
versichtlich wett zu machen. 
Daher blieb der rechte 
Flügel der u. Armee zu¬ 
nächst gegen den Bug zu-- 
rückgestaffelt; nur ihr linker 
sollte mit der k. u. k. 4. Ar-- 
mee vorwärtsschreiten. 
Letzterer war die Auf- 
gäbe zuteil, durch schnelles 
Vorgehen, mit dem linken 
Flügel an der Weichsel, mit 
dem rechten gegen Lublin, 
die feindlichen Stellungen 
auf dem linken Weichselufer 
unhaltbar zu machen und 
den vor der Front befind-- 
lichen Feind möglichst nach 
Norden zu werfen. 
Von der k. u. k. 4. Armee 
rückten daher das xvii. 
Korps westlich des Por im 
Räume Oberlauf der Lada 
und des Por, das ix., x. 
und viii. Korps links davon vor; als Armeereserven folgten 
dem rechten Armeeflügel eine Infanteriedivision und das 
xiv. Korps, dem linken eine Infanteriedivision. Das 
nächste Ziel war die Gewinnung der Por—Wyznicalinie, 
die der Feind in sehr starker Stellung festhielt. 
Erzherzog Joseph Ferdinand erkannte,daß 
es sich hier nicht um Nachhutstellungen handelte, sondern daß 
der Feind in diesem Vorgelände Lublins Hauptkräfte aufbot, 
um den schon zu weit vorgedrungenen Verfolger nicht weiter 
kommen zu lassen. Der Erzherzog versammelte daher sorgsam 
zunächst Streitkräfte in dem Por und Wyznica scheidenden 
Gelände, mit denen er, der örtlichen Überlegenheit gewiß, 
dann nordwärts vorstoßen wollte. 
Indessen vollzogen sich rechts und links dieses Raumes 
bedeutsame Ereignisse; rechts beim xvii., links beim 
x. Korps. Schulter an Schulter mit dem deutschen x. 
bestanden Teile des k. u. k. xvii. Korps schwere, jedoch 
erfolgreiche Kämpfe. Am Abend des 5. Juli halfen sie durch 
Niederringen des Feindes nördlich Mokre Lipie dem deutschen 
x., das nördliche Porufer zu gewinnen und am 2. Juli be- 
teiligten sie sich hervorragend bei seiner Vertreibung aus 
den starken Stützpunkten östlich Ezerni?cin.^) 
Links war das k. u. k. x. Korps am Juli mittags in 
Krasnik eingedrungen, stand hier und östlich davon in heftig- 
stem Kampfe, den der überrumpelte Feind mit Einsatz solcher 
Verstärkungen und solch erbitterter Wut führte, daß die kühnen 
Truppen des x. Korps in 
der nächsten Nacht Krasnik 
vorübergehend wieder räu- 
men mußten. 
Die Überraschung des 
Feindes über das allen 
Strapazen zum Trotz uuer- 
müdliche Draufgängertum 
der Erzherzogarmee erfuhr 
ihren Höhepunkt, als diese 
am z.Juli den geplanten 
Durchbruch beiderseits der 
Bystrzyca durchführte. 
Hier hatte Erzherzog 
Joseph Ferdinand 
fünf Infanteriedivisionen 
und Artillerien aller Kaliber 
unter dem Befehle des 
FML. Roth angesetzt. 
Intensives Artilleriefeuer 
leitete den Angriff ein. Der 
Feind wehrte sich heftigst. 
Nur schrittweise, von starker 
Stellung zu starker Stel- 
lung wich er. Trotzdem 
drang FML. Roth tief 
im Bystrzycagelände vor, 
hiebe! die ganze Russenfront 
am Por und an der Wy¬ 
znica ins Wanken bringend. 
Das k. u. k.xvii. Korps ge-- 
langte dieser Art bis in die 
Linie Gielczew—Bychawa, 
das k. u. k. x. gewann wie-- 
der Krasnik, setzte sich auf 
den nördlichen Höhen fest 
und nahm die Bachlinie 
Popkowice—Urzedüw in die Hand, endlich eroberte das 
k. n. k. viii. Korps die Stellung bei Ehruslanki und nahm 
einen Stützpunkt am Südende von Jözefow. 
Die Keilspitze der Durchbruchstruppe ragte über Kielcze- 
wice und Wilkolaz hinaus, zielte auf das nur mehr 30 Kilo¬ 
meter von ihr entfernte Lublin. 
Bestürzung und Wut packten den Feind. Er holte alles 
herbei, was halbwegs erreichbar, unterbrach Osttransport- 
bewegungen und warf Truppe auf Truppe in den Winket, 
wo die Gefahr um Lublin so unerwartet plötzlich erstanden war. 
Nun waren die Tage da, wo sich im Rücken der Ver- 
*) Auch in den nächsten Tagen standen Teile des k. u. k. XVII. 
Korps noch im Kampfgebiete des deutschen X. Korps, dessen Kom- 
Mandant seiner Freude Ausdruck verlieh, „mit solch hervorragend 
braven und tapferen Truppen gemeinsam kämpfen zu dürfen".
	        
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