Von der rumänischen Kriegserklärung Vis zur russischen Märzrevolution.
wolhynische Land wie mit stählernein Gürtel umfassend.
Auch am Abend des z. Oktober waren sie keinen Zoll breit
gewichen. Bei den Kämpfen dieses Tages tat sich besonders
das im Walde nördlich Szelwow stehende Wiener Landwehr-
infanterieregiment Nr. 24 durch seine Ruhe und Kaltblütig-
keit hervor.
Trotz all dieser Mißerfolge rannten die Russen immer
wieder von neuem bald da, bald dort gegen unsere Front an.
Noch am Nachmittag des 3.Oktober erfolgte ein Angriff auf
die 20. deutsche Infanteriedivision zwischen Zaturcy und
Zubilno, bei Einbruch der Dunkelheit gegen den Nordaus-
gang Zubilno, in der Nacht vom z. zum 4. Oktober ein Gas-
angriff an der Straße Zaturcy—Wojnica, am 4. Oktcber
vormittags gegen den vorspringenden Teil der Stellung der
11. Infanteriedivision west-
lich Bubnow, um \ Uhr
nachmittags vom Süd-
flügel der u. Infanterie
diviston bis zum Walde
südöstlich Wojnin, im wei-
tern Verlauf des Nachmit-
tags in der Szelwower
Niederung, dann östlich
Swiniuchy gegen den
äußersten Nordflügel des
Abschnittes Kleist und
ein zweimaliger, mit star-
ken Kräften geführter
Angriff gegen Zaturcy
und die Höhe nordöstlich
davon.
Immer war es das-
selbe, in seiner Grauenhaft
tigkeit erschütternde Bild.
Stundenlang lagen unsere
Stellungen unter dem ge-
waltigen Branden, Häm-
mern und Dröhnen des
vorbereitenden Artillerie-
feuers. Es roch brandig
im ganzen Angriffsraum,
die Luft war eisenhaltig,
wie die Feldsprache sagt.
Und dann, wenn die Artilleriestürme noch im stärksten
Brausen waren, brach es aus den feindlichen Gräben hervor.
Zuerst dünnere Linien, Mannschaften mit Handgranaten und
dazwischen Sturmtruppen mit Drahtscheren, die den Auftrag
hatten, soweit wie möglich Breschen in die zerschossenen
Hindernisse vor unseren Stellungen zu legen. Ohne weitere
Waffen, häufig aber mit Kolben in den markigen Händen, so
stürzten sie vorwärts, sofort vom lebhaftesten Geschützfeuer,
vom Geratter fmd Geknatter unserer Maschinengewehre
empfangen. Dicht hinter ihnen folgten neue Handgranaten-
werfer, eine zweite Linie mit Gewehren, eine dritte ebenso,
Mannschaften, die zum Bajonettkampf bestimmt waren, und
an diese schlössen sich nun die dichten Massen, oft in Kom-
pagniebreiten. 6,8,10 bis 20 Linien konnten gezählt werden,
die stch in einem Ansturm folgten. Soweit die Stürme sich
entwickeln konnten, wurden bereits nach der dritten Linie
Maschinengewehre mit vorgebracht. Und um ein Zurückwei-
chen der ersten Sturmkolonnen grundsätzlich zu unterbinden,
schob Brussil ow in die Sturmverbände Postenketten
seiner Polizeitruppen ein, die nur Verwundeten das Um¬
kehren erlauben sollten. Aber nur wer mit der Waffe kam,
durfte zurück. Wer ste im Schmerz auf dem Kamffelde liegen
ließ, wurde wieder vorgepeitscht, und selbst vom Schwer-
verwundeten verlangte man, daß ste in unserem Feuer zurück-
gingen und die liegengelassenen Gewehre holten. Leute, die
stch knapp noch fortschleppen konnten, stnd dann oft vom
Schicksal ereilt worden, das ste an die Seite derer streckte, die
schon vordem als Opfer dieser Stürme vor unseren Linien
liegen blieben.
Wehklagend lagen dann die Verwundeten vor unseren
Linien. Denn mitten hinein in die feindlichen Sturmwellen
jagte unsere Artillerie ihre Granaten, den dichten Hagel ihrer
Schrapnelle. Verderben säte das gut eingespielte Sperrfeuer
aller Batterien. Unablässig knatterte das ruhig abgegebene
Schützenfeuer, und die kurz
hämmernden Maschinen-
von Schützen be-
: sich in hundert
Schlachten die Eiseskühle
des Herzens erworben ha-
ben, die gerade dann am
ruhigsten hinter der Waffe
stehen, wenn der Sturm des
Feindes ihnen am stärksten
entgegenflutet, spieen den
Tod aus ihren zuckenden
Läufen. Dann versiegte
das laute, brüllende „Urra!
Urra!" der russischen In-
fanterie, nachdem es durch
Stunden immer wieder
erneut aufgelebt war, wan-
delte sich in ein schweres
Klagen verwundeter, leiden-
der Menschen, die für die
Tollkühnheit ihres Führers,
für den Ehrgeiz Bruf-
sil 0 ws vor unserer Men-
waren,
sil 0 w
Menschen, er
Totentanz der Massen. Er
wußte, daß die Menschenmauer, gegen die er seine Truppen
mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln rücksichtslos vor-
treiben ließ, nicht wankte, und dennoch hoffte er, dennoch
suchte er den Sieg im Durchbruch immer wieder zu ge-
Winnen. (Wilhelm Konrad G 0 m 0 l l im „Pester Lloyd".)
So blieben die Stellungen, wenn auch zum Teil zerschossen
auch an diesen beiden Tagen unerschüttert in unserer Hand,
einen wie hohen Preis immer die Russen in Blut zahlen
mochten, sie zahlten umsonst.
In den folgenden Tagen lagen die Russen schwer darnieder
und konnten sich zu keinem neuen Angriff emporraffen. Auf
beiden Seiten wechselnd starkes Artillerie- und Minenwerfer-
feuer, durch welches die sowohl bei den Russen, als auch bei
uns in Durchführung begriffene Ablösung und Umgruppierung
und die Wiederherstellung der zum Teil stark mitgenommenen
Hindernisanlagen gestört werden sollte, brachte ben seit
langem bis zum äußersten angespannten Nerven eine ver-
hältnismäßige Erholung.
Mit was für ungeheueren Schwierigkeiten die russische
Truppenführung zu kämpfen hatte, wie tief die Mißstimmung