Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

Die materielle und geistige Kultur in der Periode der Reichstrennung 
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(oben, §5). Während dieser nur die Verletzung der väterlichen Ehre 
unter Strafe stellte, wurde nach israelitischem Recht auch die Ver 
letzung der Mutterehre mit dem Tode bestraft (Exodus 21, 17). 
Nach babylonisch-assyrischem Recht war ferner der Ehemann be 
fugt, sein Weib ohne weiteres fortzuschicken; das israelitische Gesetz 
machte hingegen die Ehescheidung von einer »schändlichen Verfeh 
lung« der Frau abhängig (Deuteronomium 24, 1). 
Auch das israelitische Sklavenrecht war humaner als das der 
Nachbarvölker. Sklaven und Sklavinnen galten den Israeliten als 
Familienmitglieder. Man unterschied zwei Arten von Sklaven: die 
gekauften oder im Kriege erbeuteten fremd stämmigen und die In 
Schuldknechtschaft geratenen hebräischen Sklaven. Die ersteren 
hatten keinen Anspruch auf Freilassung, die letzteren aber mußten 
nach sechsjährigem Dienst freigegeben werden. Diese wie Jene ge 
nossen schon nach den ältesten Gesetzesvorschriften (Exodus, Kap. 
20—23) weitgehenden Rechtsschutz: abgesehen von der strengen 
Haftpflicht des Herrn für die Verstümmelung eines Sklaven, war 
allen Sklaven ohne Unterschied der Abstammung die Sabbatruhe von 
Gesetzes wegen zugesichert. Bemerkenswert ist es auch, daß die Israe 
liten in dieser Epoche im Gegensatz zu den Phöniziern dem Sklaven 
handel fernblieben. — Schärfere Standesunterschiede gab es in der 
israelitischen Gesellschaft nicht. Eine Sonderstellung nahmen außer 
den Sklaven die Landfremden (»Nochrim«) und die mit den Israe 
liten noch nicht völlig verschmolzenen Urbewohner des Landes, die 
sogenannten Fremd stämmigen (»Gerim«) ein. Während jene nur 
Gastfreundschaft genossen, durften sich diese an die Ortsgemeinde 
anschließen und auch alle den unbemittelten Israeliten zustehenden 
Vergünstigungen für sich in Anspruch nehmen. Nachdrücklich 
schärfte das Gesetz ein, daß man »einen Ger nicht übervorteilen 
und nicht bedrücken« solle. Die später hinzugekommene Begründung 
zu dieser Vorschrift lautet: »Seid ihr doch selbst Gerim gewesen in 
Ägypten« (Exodus 22, 20). 
War das Volk in älterer Zeit in Geschlechter eingeteilt, so trat 
jetzt das Prinzip der Blutsverwandtschaft hinter dem territorialen 
Prinzip zurück: die Stadtgemeinde (»Kahal«, »Eda«) verdrängte die 
Sippe. Die Stadtverwaltung lag in den Händen eines Ältestenrates. 
Zuweilen berief der König die Ältesten aus allen Provinzen, um mit 
ihnen über wichtige Staatsangelegenheiten, z. B. über Krieg und 
Frieden, zu beraten. Zivil- wie Strafrecht erreichte in diesem Zeit 
alter, verglichen mit dem alten Gewohnheitsrecht, eine ziemlich hohe
	        
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