Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

§9- Der Zwiespalt und die Zeit der Wirren (um 930—883) 
zwei neue Tempel, in denen er, wohl beeinflußt durch den Apiskult, 
der ihm während seines Aufenthaltes in Ägypten bekannt geworden 
war, Jahvebilder in der Gestalt von goldenen Kälbern aufstellte. 
Zugleich gestattete er überall die Ausübung des Privatgottesdienstes 
auf den Anhöhen und in den Hainen. Durch das von ihm vollzogene 
»Schisma« sanktionierte somit der in den biblischen »Büchern der 
Könige« als Volksverführer gebrandmarkte Jerobeam lediglich die 
auch schon bis dahin geduldeten heidnischen Formen der Gottes 
verehrung. Gleichwohl verdammten die Besten der Nation in beiden 
Reichen den Urheber des religiösen Zwiespaltes, der Israel von Juda 
endgültig trennen sollte. Viele Leviten und gottesfürchtige Laien 
wanderten nach dem Reiche Juda aus, und auch der ephraimitische 
Prophet Ahia von Silo (oben, § 8) sagte sich von dem königlichen 
Demagogen los. 
Der König von Juda, Rehabeam, versuchte unterdessen wieder 
holt, die abgefallenen Provinzen zurückzuerobern. Im fünften Jahre 
seiner Regierung (etwa 930—915), als er diesem Ziele am nächsten 
war, erschien plötzlich vor den Toren Jerusalems das ägyptische 
Heer des Pharao Schischak, des Gönners Jerobeams. Nur durch 
Darbringung reicher Gaben, darunter mancher Kostbarkeiten aus 
dem Jerusalemer Tempel, gelang es Rehabeam, das feindliche Heer 
zum Abzug aus Palästina zu bewegen. In einer im Karnak-Tempel 
(nahe der alten Pharaonen-Residenz Theben) erhalten gebliebenen 
Inschrift sind neben den von Schischak in Palästina eingenommenen 
judäischen Städten auch solche erwähnt, die zum Reiche Israel ge 
hörten. Es ist anzunehmen, daß der Pharao diese von den Judäern 
in der Zwischenzeit besetzten israelitischen Städte seinem Verbün 
deten Jerobeam zurückgab. Während der letzten Regierungsjahre 
Rehabeams und der dreijährigen Regierung seines Sohnes Ahia 
(915—912) dauerten die Zusammenstöße zwischen Ephraimiten und 
Judäern fast unausgesetzt an. Der einzige größere Sieg Abias über 
Jerobeam, durch den die Judäer vorübergehend in den Besitz des 
heiligen Bethel gelangten, wurde anscheinend mit Hilfe eines frem 
den Bundesgenossen, eines aramäischen Königs, erfochten. Dem 
Bericht des frommen biblischen Geschichtsschreibers zufolge waren 
auch Rehabeam und Abia, ebenso wie ihr Widersacher Jerobeam, 
Gönner der volkstümlichen Lokalkulte. Neben dem nationalen 
Jerusalemer Jahve-Kult duldeten sie den Privatgottesdienst auf den 
»Bamoth«, den Anhöhen, bei dem man vor einer Steinsäule (»Mas- 
seba«) oder einem aus Holz geschnitzten Astarte-Bild (»Aschera«) 
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