5 7- Das Großkönigtum Davids (um 1010—yyo)
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Transjordanien. Erst drei Jahre später, nachdem Absalom auf die
Fürbitte Joabs die väterliche Vergebung erlangt hatte, durfte er nach
Jerusalem zurückkehren. Von maßlosem Ehrgeiz erfüllt, war er nun
mehr bestrebt, seinem Vater die Volksgunst streitig zu machen. Wohl
aus der Befürchtung, daß die Thronfolgeordnung zugunsten des
jüngsten Königssohnes Salomo abgeändert werden würde, faßte Ab
salom den Entschluß, den Thron mit Gewalt an sich zu reißen. Der
greise, mit Staatsgeschäften überbürdete König konnte nicht jedem
Bittsteller Gehör schenken, und so wuchs die allgemeine Unzufrie
denheit immer mehr an. Absalom aber versprach, sobald er zur Re
gierung käme, jedem zu seinem Rechte zu verhelfen. Seiner Anhän
ger wurden immer mehr, und selbst der Ratgeber Davids, Ahitofel,
nahm für ihn Partei. Im Bewußtsein seiner steigenden Macht setzte
sich Absalom in Hebron fest und zettelte von dort aus eine allge
meine Erhebung an.
Da sich David in Jerusalem nicht mehr sicher fühlte, beschloß
er, die Hauptstadt vorübergehend zu räumen. Es war dies ein tragi
scher Moment in seinem Leben. Viele Stadtbewohner, die den hoch
betagten, von seiner treuen Leibgarde begleiteten König hinausziehen
sahen, brachen in lautes Weinen aus. Auf ausdrücklichen Wunsch
ihres Gebieters blieben die Priester Zadok und Ebjatar mit der Lade
Jahves in Jerusalem zurück, ebenso der alte Freund des Königs, der
weise Chusai, der nach dem Verrat Ahitofels zum Ratgeber Davids
geworden war und nun durch die Vermittlung der Priester den König
über die Pläne der Aufrührer auf dem Laufenden halten sollte. Nach
der Flucht Davids aus Jerusalem loderte die Unzufriedenheit auch
unter den früheren Anhängern der benjaminitischen Dynastie Sauls,
die sich um dessen schon erwähnten Enkel Meribaal scharten, von
neuem auf. Als der Benjaminite Simei ben Gera den flüchtenden
David traf, warf er Steine nach ihm und rief; »Hinaus, hinaus, du
Blutmensch! Jahve hat all das Blut des Hauses Sauls über dich ge
bracht!« Der Bürgerkrieg griff immer weiter um sich.
Bald bemächtigte sich Absalom der Residenz seines Vaters, ja
sogar seines Harems, und ließ sich in Jerusalem zum Könige aus-
rufen. Der kluge Ahitofel riet Absalom, David sogleich nachzusetzen;
Chusai aber, der sich als Freund des Usurpators aufspielte, über
redete diesen, gegen die kampferprobten Helden Davids erst dann
ins Feld zu ziehen, wenn er ganz Israel »von Dan bis Beerseba« um
sich versammelt haben würde. So gewann David, der inzwischen in
Gilead Fuß gefaßt hatte, Zeit zu Vorbereitungen für die Nieder