Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

5 S4‘ D as geistige Lehen unter dem Synhedrlon von Jahne 
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kommen war, mit dem römischen Bürgerrecht, einem Landgut in 
Judäa und einem Jahresgehalt bedacht. In nicht minderer Gunst 
stand er bei den Nachfolgern Vespasians, bei Titus und sogar bei 
dem grausamen Domitian. So konnte sich Flavius Josephus dreißig 
Jahre lang, bis um die Wende des i. Jahrhunderts, ungestört und In 
aller Ruhe seiner literarischen Tätigkeit widmen. 
Seine Darstellung der Geschicke des jüdischen Volkes begann 
Flavius Josephus, der nicht nur die Methoden der griechischen und 
römischen Geschichtsschreibung meisterlich beherrschte, sondern 
auch über eine große künstlerische Begabung verfügte, mit einer 
ausführlichen Schilderung des von ihm selbst miterlebten sieben 
jährigen Unabhängigkeitskampfes Judäas. Er schrieb in seiner Mut 
tersprache, hebräisch oder aramäisch, und übersetzte sodann den 
ausgearbeiteten Text mit Hilfe befreundeter Griechen ins Griechi 
sche. Nach Vollendung seines ersten, »Über den jüdischen Krieg« 
betitelten Geschichtswerkes (um 79; gewöhnlich zitiert unter dem 
Titel »De bello judaico«) legte er es Vespasian, Titus, Agrippa TI. 
und anderen Teilnehmern des jüdisch-römischen Krieges vor, die 
ihm die Wahrheitstreue seiner Schilderung bestätigten. In seiner 
Darstellung hatte sich der Verfasser von dem doppelten Bestreben 
leiten lassen, sowohl der nationalen Ehre der Juden als auch dem 
römischen Reichspatriotismus Genüge zu tun. Daraus erklärt sich, 
daß in seinem Werke einerseits der erhabene Heroismus des um seine 
Freiheit kämpfenden Volkes voll zum Ausdruck kommt, anderer 
seits gerade die entschlossensten Freiheitskämpfer, die Zeloten, als 
»Wahnsinnige« und »Räuber« gebrandmarkt werden. Gleichwohl 
ist ein lebensvolleres und künstlerisch vollendeteres Bild eines Frei 
heitskrieges kaum je gegeben worden, und so erscheint der Verfasser 
von »De bello judaico« als würdiger Nachfolger der biblischen und 
apokryphischen Geschichtsschreiber. Nicht weniger bedeutsam ist 
das zweite, zwanzig Bücher umfassende historiographische Werk des 
Josephus »Jüdische Altertümer« (vollendet um 94; gewöhnlich zi 
tiert als »Antiquitates judaicae«), das die ganze Geschichte des jüdi 
schen Volkes bis zum Ausbruch des großen Krieges gegen Rom be 
handelt. Als Quellen dienten dem Verfasser außer Bibel und Apo 
kryphen noch viele andere, heute zum größten Teil verschollene 
Werke jüdischer und griechischer Chronographen, sowie mündliche 
Überlieferungen. Häufig aber legt er in Anlehnung an die klassischen 
Vorbilder der rhetorischen Historiographie seinen Helden selbst 
erdichtete Reden in den Mund. Am wertvollsten sind die letzten
	        
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