Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

Die Entstehung des Volkes Israel 
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oder des Gileaditen Jephta vermochte den hart bedrängten Israeliten 
Atempausen zu verschaffen. Ihre drückendste Sorge war aber die 
Bedrohung durch das entfesselte Element der Wüste, die Nomaden 
horden der Midjaniter, die mit Israel ehedem, als dieses noch selbst 
auf der Wanderung war, freundschaftliche Beziehungen unterhalten 
hatten. Nun war es anders geworden: »So oft die Israeliten gesät 
hatten — heißt es in der Bibel — zogen die Midjaniter gegen sie 
heran..., vernichteten die Früchte des Landes und ließen keinerlei 
Lebensmittel in Israel übrig, auch nicht Schafe, Rinder und Esel« 
(Richter 6, 3—5). Diese Plage, die die ganze bodenständige Kultur 
der israelitischen Neuansiedler gefährdete, konnte nur mit vereinten 
Kräften abgewendet werden. 
Die Sammlung der Kräfte, die ehedem die Seherin Debora voll 
bracht hatte, wurde diesmal von einem Ackersmann manassitischer 
Abstammung erzielt, dessen Beiname Gideon (»Haudegen«) deut 
lich genug von seinem ungestümen Wesen zeugt. Durch die Ermor 
dung seiner Brüder zur Blutrache getrieben, wurde Gideon bald ein 
glühender Patriot, »ein Krieger Jahves«, dem es beschieden war, das 
Volk zu einem heiligen Krieg aufzurütteln und mit einer erlesenen 
Schar von heldenmütigen Kämpfern aus verschiedenen Stämmen 
Israels dem bis ins Jesreeltal vorgedrungenen Feinde eine schwere 
Niederlage beizubringen. Das Volk, das wieder ungestört seinem 
friedlichen Tagewerk nachgehen konnte, sah endlich ein, daß nur 
die Errichtung einer beständigen und einheitlichen Obergewalt ihm 
äußere und innere Sicherheit gewährleisten könne, und so trugen die 
Josephiten-Stämme ihrem ruhmreichen Geschlechtsgenossen Gideon 
die erbliche Königswürde an. Dieser erste Versuch, das Volk wenig 
stens im Herzen Kanaans unter monarchischer Spitze zu einer Ein 
heit zusammenzufassen, schlug indessen fehl. Nach dem Tode Gi 
deons entbrannte unter seinen zahlreichen Söhnen ein blutiger Zwist. 
Einer von ihnen, der mütterlicherseits mit den Kanaanitern von 
Sichern verwandte Abimelech, ging zwar aus diesem Bruderkrieg 
siegreich hervor und versuchte sogar seine Herrschergewalt auf »ganz 
Israel« auszudehnen. Die grausame Art jedoch, in der Abimelech 
seinem Machtanspruch Geltung zu verschaffen suchte, wurde ihm 
zum Verhängnis: als er sich anschickte, an die Mauern der wider 
spenstigen Stadt Tebes Feuer zu legen, warf eine Frau vom Stadt 
turm einen Mühlstein herab, der dem Tyrannen den Schädel zer 
schmetterte.
	        
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