Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

35i 
§ 48. Der Judaismus in der Diaspora 
feinde immerhin Zurückhaltung auferlegen. Die Lage änderte sich 
unter Nero. Als dieser den Juden von Caesarea die Bürgerrechte 
aberkannte, beschlossen die Griechen von Alexandrien beim Kaiser 
durchzusetzen, daß ihre jüdischen Rivalen ebenfalls zu Fremdlingen 
degradiert würden. Es war dies in dem verhängnisvollen Jahre 66, 
dem^Jahre der Erhebung Judäas gegen Rom und der Erhebung der 
heidnischen Welt gegen die Juden. Ein Zusammenstoß, zu dem es 
anläßlich einer von den Judenfeinden im Theater abgehaltenen Ver 
sammlung gekommen war, gab dem Präfekten von Alexandrien, dem 
Renegaten Tiberius-Alexander, den erwünschten Vorwand, mit den 
Volksverhetzern gemeinsame Sache zu machen und die ihm ünter- 
stellten Legionäre gegen seine ehemaligen Stammesgenossen loszu 
lassen. Die römischen Soldaten brachen in das Jüdische Viertel Delta 
ein, plünderten die Häuser und töteten die Einwohner. 
Nachdem Jerusalem nach vierjährigem Todeskampf von seinem 
Schicksal ereilt worden war, wurde die Gemeinde von Alexandrien 
zu einem Asyl für die aus ihrer Heimat flüchtenden Zeloten, und 
so sprangen die Funken des in Judäa gelöschten Revolutionsbrandes 
auf Ägypten und die benachbarte Kyrenaika über. In demselben 
Jahre, in dem der letzte Akt des großen Jüdischen Krieges seinem 
Ende entgegenging, machten sich in Alexandrien Anzeichen einer 
revolutionären Gärung bemerkbar (73). Die Berichte der Augen 
zeugen über die Grausamkeit, mit der die Römer gegen die Auf 
ständischen im Mutterlande vorgegangen waren, versetzten die 
jüdische Kolonie in Ägypten in höchste Erregung, sodaß es beinahe 
zu einem gewaltsamen Ausbruch der Volksleidenschaften gekommen 
wäre. Im letzten Augenblick gelang es der jüdischen Aristokratie, 
die sich gegen Rom empörenden Massen von dem gefährlichen 
Beginnen abzuhalten. Daraufhin schritt der Präfekt Julius Lupus 
zur Verhaftung der die Bevölkerung auf wiegelnden Zeloten. Der 
Tortur unterzogen, legten die Verhafteten (nach dem Zeugnis des den 
Zeloten nichts weniger als gewogenen Josephus Flavius) »staunen 
erregende Standhaftigkeit« an den Tag. »Am meisten Staunen — 
berichtet er — erregten die jungen Knaben, denn auch von ihnen 
ließ sich keiner dahin bringen, den Kaiser seinen Herrn zu nennen.« 
Etwa um die gleiche Zeit entfesselte der geflüchtete Zelot Jonathan 
einen Aufstand unter den jüdischen Einwohnern von Kyrene im 
benachbarten Lybien. Der Aufstand wurde aber bald unterdrückt, 
Jonathan nach Rom gebracht und dort auf Befehl Vespasians: leben 
dig verbrannt. Da nun Ägypten zum Herd einer neuen national-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.