Die Entstehung des Volkes Israel
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Eine Verbindungsbrücke zwischen Babylonien und Ägypten, bil
dete Kanaan, wie bereits betont, von jeher ein Angriffsziel für diese
beiden Weltmächte, die denn auch den heiß umstrittenen Landstrich
nie zu politischer Selbständigkeit kommen ließen. Obendrein war
Kanaan fortwährend von den Nomaden der angrenzenden syrisch
arabischen Wüste bedroht, die ihre Blicke von dem »Land mit
Bächen, Quellen und Seen, mit Weizen und Gerste, mit Weinstöcken,
Feigen- und Olivenbäumen« (Deuteronomium 8, 7—9) kaum abzu
wenden vermochten. Daher wurde auch Palästina jedesmal, wenn
die großen Nachbarreiche nicht mehr imstande waren, den Landes
fürsten Hilfe zu leisten, von den Nomadenstämmen überflutet, und
bei einer dieser periodisch wiederkehrenden Invasionen tauchte nun
am Horizont das Volk Israel auf.
Die Bevölkerung Palästinas und seiner Randgebiete setzte sich
um diese Zeit aus einer Menge kleiner, vorwiegend semitischer
Völkerschaften zusammen. Im Innern des Landes lebten verschie
dene Kanaaniter-Stämme (Jebusiter, Hiwwiter u. a.), deren Na
men uns nur von der Bibel überliefert sind, unter Fürsten, die
noch immer in einem lockeren Vasallen Verhältnis zu Ägypten stan
den. Den nördlichen Küstenstrich mit den beiden festen Städten
Sidon und Tyrus bewohnte die Völkerschaft der Phönizier, die,
kulturell verhältnismäßig weit fortgeschritten, für die Entwicklung
des Seehandels im Altertum von größter Bedeutung war. Die Phö
nizier, wie die Griechen sie in späterer Zeit nannten, scheinen es
gewesen zu sein, die die früheren Bewohner der nördlichen Küste,
die Hetiter, verdrängt hatten, ganz so, wie diese ehedem die Amo-
riter über den Jordan hatten zurückfluten lassen (oben, §1). Das
Gebiet des von den Amoritern in Transjordanien kurz vor dem
Einzug der Israeliten gegründeten Staates sollte jedoch bald teils den
neuen Eroberern, teils den Aramäern zufallen. Weiter nach Süden
zu, südöstlich vom Toten Meer, waren die der »Ibrim«-Gruppe
angehörenden Ammoniter und Moabiter ansässig, wobei jene ihre
Hauptstützpunkte am Oberlauf des Jabbok, diese am Arnon hatten.
Ganz am Südende Palästinas lag das Land der gleichfalls »hebräi
schen« Edomiter, die das sich in der arabischen Wüste verlierende
Steppengebiet Araba bewohnten und sich im Laufe der Zeit mit
den dort nomadisierenden Beduinen vermischten. Der südwestliche
Küstenzipfel Kanaans stand aber gerade zur Zeit des Eindringens
der Israeliten, im XII. Jahrhundert, unmittelbar vor der Eroberung
durch die schon erwähnten Philister, eine nichtsemitische Völker-