§ 3$. König Herodes 1. (jy—4 vor der christl. Ära)
279
Herodes in der Jerusalemer Oberstadt einen Palast erbauen, dessen
Ausstattung Unmengen von Marmor und Gold verschlang und der
durch seine Pracht die bescheidenen Paläste der Hasmonäer weit in
den Schatten stellte. Zugleich wurde mitten in der Stadt ein Theater
und außerhalb ihrer Mauern ein Amphitheater nach griechisch-
römischem Vorbild errichtet. Um die altgläubige Bevölkerung, die
für eine solche Verschönerung der heiligen Stadt nichts übrig hatte,
zu beschwichtigen, ließ der König auch den alten, aus der Zeit
Serubabels stammenden Tempel umbauen, und zwar unter Anlei
tung von gesetzeskundigen Pharisäern. Der seiner prächtigen Um
gebung angepaßte Neubau (in seinen Hauptteilen im Jahre 20 fer
tiggestellt) erregte in Judäa so große Bewunderung, daß dort das
Wort in Umlauf kam: »Wer nicht den Bau des Herodes gesehen
hat, hat nie etwas Schönes gesehen.«
Gleichzeitig nahm der König die Errichtung von neuen Städten
und Festungen in Angriff, die gleichfalls nach römischem Muster
angelegt wurden. An der Meeresküste zwischen Ptolemais und Jaffa
erstand nach zwölfjähriger Arbeit (22—10) eine neue Hafenstadt,
der Herodes zu Ehren des römischen Kaisers den Namen Caesarea
gab. Die neue Stadt, in deren Zentrum sich ein heidnischer Tempel
erhob, sollte in der Folge zur Residenz der römischen Statthalter
von Judäa und so gleichsam zu einem Anti-Jerusalem werden.
»Caesarea erhob sich stets mit dem Niedergang Jerusalems«, hieß
es bei der jüdischen Nachwelt. Ein heidnischer Tempel zu Ehren des
Augustus wurde auch in dem von Grund auf umgebauten Samaria
errichtet, das nun den griechischen Namen »Sebaste« (soviel wie
»Augustus«) erhielt.
Nunmehr bekam auch das innere Leben in den Städten Judäas
ein neues Gesicht. In den Amphitheatern und Rennbahnen fanden
Gladiatoren-, Gymnasten- und Musikantenwettkämpfe statt, und
selbst das fromme Jerusalem wurde zum Tummelplatz von Artisten
und Gauklern aus aller Herren Länder. Die Sympathien des auf
geklärten Despoten für die griechisch-römische Lebensweise gingen
so weit, daß er des öfteren Geld für die Errichtung von heidnischen
Tempeln in verschiedenen Städten außerhalb Judäas spendete, seine
Söhne in Rom erziehen ließ und sich mit fremdländischen Ratgebern
umgab. Der bedeutendste unter diesen war der griechische Ge
schichtsschreiber Nikolaus Damascenus, dessen von Josephus Flavius
ausgiebig benutztes, später verschollenes Hauptwerk einen ausführ
lichen Bericht über die Regierung des Herodes enthielt.