Volltext: Die orientalische Periode in der Geschichte des jüdischen Volkes (1 ; 1937)

§ 37- Die Regierung Hyrkans II. und der Antipatriden (63—40) 
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Der tatsächliche Inhaber der obersten Gewalt in Judäa war zu 
dieser Zeit, wie gesagt, Antipater, der seinen persönlichen Vorteil 
sowie die Interessen seiner Gönner, der Römer, über die Interessen 
des jüdischen Volkes stellte. Der hohepriesterliehe Ethnarch Hyrkan 
war nur das nationale Aushängeschild für eine nichtnationale Re 
gierung. Angesichts der haltlosen Schwäche des nominellen Volks 
oberhauptes faßte nun der allmächtige »Epitropos« Antipater den 
Plan, eine eigene Dynastie zu begründen. So ernannte er denn zwei 
seiner Söhne zu »Strategen« oder Statthaltern und betraute den 
älteren, Phasael, mit der Verwaltung des Bezirkes von Jerusalem, 
den zweiten, Herodes, mit der von Galiläa (47). Herodes, der in der 
Folgezeit eine so verhängnisvolle Rolle in der jüdischen Geschichte 
spielen sollte, war damals erst fünfundzwanzig Jahre alt. In die 
römische Staats- und Kriegskunst von frühester Jugend eingeweiht 
und den geistigen Idealen des Judentums gänzlich fernstehend, war 
Herodes für die Rolle eines Landvogts von Roms Gnaden wie 
geschaffen. 
Schon der Beginn seiner politischen Laufbahn zeugte eher von 
römischem als von jüdischem Patriotismus. Als sich nämlich in Ga 
liläa die Überreste der Anhänger des Aristobulus unter Führung des 
heldenmütigen Ezechias zu Freischaren zusammenschlossen, um ge 
gen die Römer und ihre Helfershelfer zu kämpfen, zögerte Herodes 
nicht, den Aufstand blutig zu unterdrücken und die Anführer der 
Rebellen standrechtlich hinrichten zu lassen. Wegen dieser gesetz 
widrigen Handlungsweise vom Synhedrion, in dem die national 
eingestellte Pharisäerpartei vorherrschte, zur Rechenschaft gezogen, 
sah sich Herodes zwar genötigt, vor dem Hohen Rat zu erscheinen; 
doch benahm er sich bei der Gerichtssitzung, zu der er mit militäri 
schem Gefolge kam, in herausfordernder Weise. Wußte er doch, 
daß sowohl der Ethnarch Hyrkan als auch die römische Obergewalt 
hinter ihm standen. Die eingeschüchterten Mitglieder des Synhedrion 
waren im ersten Augenblick völlig sprachlos. Da erhob sich einer 
der angesehensten Männer des Rates, der Pharisäer Schemaja, und 
sprach: »Wer sonst vor den Gerichtshof kam, erschien in demütiger 
und zaghafter Haltung, als wenn er unser Mitleid beanspruchte, 
während Herodes, der des Mordes beschuldigt ist, in Purpur dasteht, 
mit geschniegeltem Haupthaar und von Bewaffneten umgeben, um 
uns, wenn wir ihn dem Gesetz gemäß verurteilen, niederzumachen 
und alles Recht zu verhöhnen. Denket aber daran, daß es einen all 
mächtigen Gott gibt und daß der, den ihr jetzt dem Hyrkan zu
	        
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