Jüdische Theokratie — Entwicklung des Judaismus nach der Restauration
mit ihnen ins Gericht zu gehen wegen meines Volks und Erbteils
Israel, weil sie es unter den Heiden versprengt und mein Land zer-
stückt haben« (4, 1—3). Das von Joel angekündigte Strafgericht
würde, wie ein anderer zeitgenössischer Prophet, Obadja, weissagte,
namentlich die »Söhne Edoms« treffen, weil Edom »sich geweidet
hat an seinem Bruder Jakob am Tage seines Mißgeschicks und sich
gefreut hat über die Judäer am Tage ihres Untergangs, als Fremde
in die Städte (Judas) einbrachen und über Jerusalem das Los war
fen« (Vers 10—12 des nur aus einem einzigen Kapitel bestehenden
»Buches Obadja«),
Von ganz eigenartigem Gepräge ist das von den Redaktoren des
prophetischen Schrifttums in die Reihe der zwölf sogenannten »Klei
nen Propheten« aufgenommene »Buch Jona«. Eine didaktische Er
zählung, wurde dieses Werk in die Sammlungen der prophetischen
Reden aus dem Grunde eingereiht, weil es Jona ben Amittai, einen
Propheten aus älterer Zeit (oben, § 11), zum Helden hat und vom
ethischen Geiste des Prophetismus erfüllt ist. Die dem »Buche Jona«
zugrunde liegende Idee ist durch und durch universalistisch. Von
Gott dazu ausersehen, der Sündenstadt Ninive den Untergang zu
verkünden, weigert sich Jona, dem an ihn ergangenen Ruf zu folgen
und »flieht vor Jahve« auf einem aus Jaffa auslaufenden Schiff. Auf
dem Meer wird das Schiff von einem schweren Sturm überrascht,
und als die Reisegefährten Jonas von diesem selbst erfahren, daß er
es sei, der den göttlichen Zorn heraufbeschworen habe, werfen sie
ihn als Sühnopfer in die Fluten. Durch göttliche Fügung wird hier
auf Jona von einem großen Fisch verschlungen, der ihn nach drei
Tagen ans Ufer speit. Nunmehr gehorcht der wider Willen zum
Propheten Auserkorene dem Befehl Jahves, geht nach Ninive und
entledigt sich dort seines Auftrags. In ihrer Furcht vor dem drohen
den Unheil tun die Einwohner Ninives Buße, flehen Gott um Gnade
an und werden vom Allmächtigen erhört. Als darauf Jona gegen
den Herrn murrt, der sich so leicht beschwichtigen lasse, wird ihm
von Gott eine eindrucksvolle Lehre zuteil: Der Strauch, unter dem
er vor seinem Zelte sitzt, verdorrt plötzlich, und als der Prophet
sich darüber ärgert, vernimmt er die Stimme Gottes: »Dich jammert
des Strauches, obschon du dich nicht um ihn gemüht noch ihn groß
gezogen hast, und mich sollte es nicht jammern Ninives, der großen
Stadt, in der sich mehr als 120.000 Menschen befinden, die nicht
zwischen rechts und links zu unterscheiden wissen, und viele Tiere?«
(4, 10—11). Die Moral dieser Parabel ist völlig eindeutig: durch die