Periode der Organisierung der europäischen Judenheit bis zu den Kreuzzügen
gen der Christen beugen müssen, da sie sich geweigert haben, vor
Christus niederzuknien!« Erst in viel späterer Zeit wurde es den Ju
den gestattet, sich von dem feierlichen Backenstreich durch die Ent
richtung einer Sondersteuer zugunsten des Klerus loszukaufen (unten,
Trotz der neuen Gefahr der Zwangstaufe und trotz schlimmster
Beschimpfungen vermochten die Juden Südfrankreichs nichtsdesto
weniger ihre Positionen im Wirtschaftsleben des Landes, im Außen
handel ebenso wie in der Landwirtschaft, voll zu behaupten. Unter
Ludwig dem Einfältigen (893—922) wurden allerdings Versuche ge
macht, das Grundbesitzrecht der Juden zu beschränken; verschiedene
Urkunden zeugen jedoch davon, daß es im Bezirk von Narbonne
sogar noch im n. Jahrhundert jüdische Gutsbesitzer, und zwar als
vollberechtigte »Seigneurs« gab, von Landpächtern und Grundstück
maklern zu schweigen. In den Städten bewohnten die Juden gewöhn
lich ein Sonderviertel, so in Narbonne den Vorort Villa Judaica, der
auf lehenszinsfreiem Grund und Boden gelegen war, und in dessen
Nähe sich die Salzgruben und Weinberge der wohlhabenderen Ge
meindemitglieder befanden. Diese Absonderung ging indessen nicht
auf Zwang zurück, wie in späteren Zeiten, vielmehr war sie die Folge
des natürlichen Dranges der einzelnen Gemeindemitglieder, in näch
ster Nachbarschaft miteinander und in engster Fühlung mit ihren
autonomen Institutionen zu leben.
Der sich in Frankreich immer stärker entfaltende Feudalismus
entzog die Juden nach und nach der Obergewalt der Könige, um sie
der Machthoheit der weltlichen und geistlichen Lehensherren (in den
Grafschaften der der Grafen, in den Diözesen oder Eparchien der der
Bischöfe) zu unterstellen. Eine ergiebige Steuerquelle für ihre neuen
Herren, genossen sie nunmehr deren Schutz, umso mehr als diesen
kapitalkräftige Juden zuweilen auch Geld vorschossen. Als um 1065
französische Freischärler, Vorläufer der Kreuzritter, an die spanische
Grenze zogen, um gegen die Sarazenen zu kämpfen, und auf ihrem
Zuge die jüdischen Gemeinden auszurotten begannen, stießen sie in
Narbonne auf den entschiedenen Widerstand des dortigen Vizegra
fen Berenguard. Aus diesem Anlaß schrieb Papst Alexander II. an
den Vizegrafen: »Wir fanden Wohlgefallen daran, daß Ihr die in
Eurer Gewalt lebenden Juden vom Tode errettet habt, denn Gott fin
det keinen Gefallen am Verderben von Menschen, auch wenn sie böse
sind.« Waren es doch gerade diese »bösen Menschen«, denen dama-