Volltext: Weltkriegsliteratur (Ergänzungsheft 7 Hauptbd. 1933)

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Frauenholz 
für Kulturpolitik, Berlin 1928) und Karl Tschuppiks „Franz 
Joseph I. Der Untergang eines Reiches" (Avalun-Verlag, 
Hellerau bei Dresden 1928). In den von Eduard v. Steinitz 
herausgegebenen „Erinnerungen an den Kaiser und König 
Franz Joseph" (Kulturpolitik, Berlin 1930) nimmt eine Anzahl von 
Mitarbeitern des Kaisers zu seiner Herrschertätigkeit Stellung. 
Die Persönlichkeit Kaiser Franz Josephs ist keineswegs so schwer 
zu fassen und darzustellen wie die Kaiser Wilhelms II. Franz Joseph 
gehörte der Generation von Grandseigneurs an, die in Deutschland 
Männer wie Wilhelm I. oder Prinzregent Luitpold von Bayern verkör¬ 
pert haben. Viele gleichmäßige Ruhe ist von diesen Herren ausgegangen 
und hat sich ihren Staaten mitgeteilt. Pflichterfüllung war die erste 
Losung dieser Generation, die den Glanz nicht um seiner selbst willen 
liebte, sondern ihn nur zur rechten Zeit und am rechten Ort zu ver¬ 
wenden wußte. Aber problemlos ist die Persönlichkeit des alten Kaisers 
doch keineswegs gewesen; dafür sorgte allein schon die fast über¬ 
menschlich lange Regierungszeit Franz Josephs, die eine immer neue 
Einstellung des Herrschers zu den neuen und schwierigen Fragen seines 
Staates brachte. Man bedenke, welche Umwälzungen im europäischen 
Staatensystem sich von 1848, dem Regierungsantritt des Kaisers, bis 
zum Weltkrieg vollzogen haben! Mit Recht sagt Redlich: „Als Hüter 
der uralten Machtstellung seines Hauses, als Erbe und Verteidiger von 
Rechten, die bis ins tiefe Mittelalter zurückreichen, als natürlicher 
Gegner des neuzeitlichen Strebens nach Umwandlung Europas in eine 
Vielheit geschlossener Nationalstaaten hat Kaiser Franz Joseph in der 
durch den Weltkrieg endgültig zerstörten europäischen Ordnung durch 
fast siebzig Jahre eine Stellung eingenommen und immer wieder kraft¬ 
voll festgehalten wie kein anderer Souverän seiner Zeit... Kaiser Franz 
Joseph ist in der Tat nie ein Schattenkaiser gewesen: er blieb bis zu dem 
Tage, da der Weltkrieg begann, der letzte entscheidende Wille in seinem 
weiten Reiche..." 
Es ist merkwürdig, wie anders Tschuppik den Kaiser darstellt, den 
er „den letzten Vollstrecker des habsburgischen Gedankens, den Ge¬ 
burtshelfer des von der Revolution und der Konterrevolution geschaf¬ 
fenen Reiches der achtzehn Länder und elf Völker, aber auch dessen 
Totengräber" nennt. Beide Autoren aber kommen zu dem gleichen 
Schluß, daß nämlich der Tod des alten Kaisers das Ende des alten 
Habsburgerreiches bedeutete.
	        
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