Volltext: Stephan Rottaler

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aber die Komposition. Früher waren die beiden Hauptpersonen einander koor¬ 
diniert, meist im Profil einander gegenübergestellt. Hier bildet die frontale Figur 
Christi die Symmetrieachse; als Träger des ganzen Inhalts der Episode aber er¬ 
scheint der Täufer in mantegnesker Rückansicht, dem der Engel in der Diagonale 
gegenübersteht. Der Rhythmus der drei Figuren stimmt wunderbar zusammen; 
die geschmeidige Figur des Täufers, deren ausklingende Bewegung wir uns durch 
Ergänzung der erhobenen Rechten vorstellen müssen, das Ausschwingen der 
Hüfte des Täuflings und die Haltung seiner Arme und schließlich die gegen die 
Gruppe zu ponderierte Stellung des Engels zeugen von ungewöhnlichem Schön¬ 
heitssinn und voller Beherrschung der Komposition. Man mag Hans Leinbergers 
Abb. 38. Relief des hl. Martinus in der Sammlung des historischen Vereins in Landshut 
Taufe im Kaiser Friedrich-Museum 1 in Berlin danebenhalten, um einen Ma߬ 
stab für die künstlerische Größe und Reife dieses Werkes zu gewinnen. Dazu 
kommen noch die der Handlung andächtig folgenden Figürchen des Hintergrundes, 
deren jedes für sich durchaus individuell gezeichnet ist. 
Bei der Mariendarstellung (Abb. 37) fehlt leider der wichtigste Teil, der 
Oberkörper der himmlischen Mutter, deren Mantel zwei Engelchen über die 
Gläubigen ausbreiten. Da knien sie die Vertreter aller Stände, der Papst, der 
Bischof und Ordensgeistliche, der Kaiser und andere weltliche Fürsten. Aber 
es sind nicht wie sonst lediglich Kostümfiguren, sondern scharf geprägte Charak¬ 
tere von entschiedenem Porträtgehalt. Trägt z. B. nicht das Bild des Kaisers 
die Züge des gealterten Maximilian?! 
Ein außerordentlich feines Bildchen ist in dem Martinus- Relief gegeben 
(Abb. 38). Hier griff der Meister in die reale Wirklichkeit. St. Martin hält sein 
1 Abbildung im Münchener Jahrbuch für bildende Kunst 1906 S. 121. 
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