Volltext: Stephan Rottaler

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toriale Beziehungen aufs engste mit Landshut verbunden war und durch den 
häufigen Aufenthalt der Herzoge gewissermaßen die zweite Residenzstadt des 
Landes bildete, den Grabstein des Karl Kärgl, gest. 1492, in der Kärglkapelle 
in Kloster Seligental, welchen Meister Franz Sickinger fertigte.1 Die Verbindung 
mit Braunau, einem bisher unterschätzten aber hochbedeutenden Zentrum der 9 
Steinplastik, wurde durch verwandtschaftliche Verhältnisse der Bürger z. B. der 
Schweibermayr und Leoman aufrechterhalten. Wieder andere Spuren, wie 
die Grabplatte des Ulrich von Breitenstein, gest. 1487, in der Hl. Geistkirche 
und jene des Heinrich von Staudach, gest. 1483, in der Gruftkapelle zu 
St. Jodok deuten auf Wasserburg und die Inngegend. Das künstlerisch weitaus 
bedeutendste Werk aber, der ebenso reiche wie feine Grabstein des Bischofs 
Georg Altdorfer von Chiemsee, eines Sohnes des Landshuter Patriziers Hans 
Altdorfer, in der Altdorfer (jetzt Antonius-)Kapelle bei St. Martin, ist überhaupt 
keine bayerische, sondern eine Augsburger Arbeit von der Hand Hans Peuerleins, 
wie die volle Bezeichnung am Ornatsaum des Bischofs belegt.1 2 Hätte Lands¬ 
hut damals tüchtige Bildhauer und Steinmetzen in seinen Mauern besessen, so 
hätte es nicht nötig gehabt, ebensowohl hervorragende Kunstwerke wie die 
Bravourstücke eines geschickten Handwerksmeißels von auswärts zu beziehen. 
Auch Freising bestätigt den Mangel gewandter Steinmetzen in Landshut. Bei 
seinem großen Bedarf hätte der reiche Klerus des „heiligen Berges“ sich gewiß 
an die Nachbarstadt gekehrt, wenn er dort künstlerischere Leistungen hätte er¬ 
warten dürfen, so wie er im Anfang des neuen Jahrhunderts den Meister Stephan ^ 
zu zahllosen Aufträgen von dort herbeiholte. So aber bestritt er seine Bedürf¬ 
nisse schlecht und gerecht durch ein paar heimische Steinmetzen untergeordneten 
Könnens, mußte man ja auch 1486—1488 das Chorgestühl des Domes durch einen 
auswärtigen Künstler, Ulrich Glurer aus Augsburg, fertigen lassen.3 
Erst mit dem Auftreten Rottalers treffen wir in Freising, Landshut und dessen 
Gebiet Grabplatten, die sich über die übliche Handwerksart erheben. 
Etwas anders gestaltet sich uns das Bild der Holzplastik in der Residenz 
Niederbayerns. Heute ist freilich der Bestand spätgotischer Schnitzwerke in der 
Stadt ein sehr kleiner. Das Wenige findet sich zumeist bei St. Martin, so der 
mächtige Kruzifixus (um 1490) von reichlich mehr als doppelter Lebensgröße mit 
dem erschütternden Todesernste in dem gesenkten Haupte; dann das in seinem 
Bilderreichtum so köstliche Chorgestühl (gegen 1500) und die anmutige Madonna 
auf der Orgel, die bereits die neue Zeit ankündigt. Zählt man noch die stattliche 
Maria im Pfarrhofe von St. Martin und die weniger bedeutende in der Frauen¬ 
kapelle hinzu, so blieb kaum ein Werk von Belang unerwähnt. Die Kreuzab- 
1 Ueber Franz Sickinger und die nachfolgend erwähnten Grabsteine verweise ich auf meine 
Grabstein-Studien, welche demnächst im Oberbayerischen Archiv erscheinen werden. 
2 Die Lesart auf Hans Peuerlein läßt keinen Zweifel. Haack, Die gotische Architektur und 
Plastik der Stadt Landshut (1894) S. 54 spricht nur von „mehreren Bruchstücken von Inschriften, 
welche kunsthistorisch ohne Interesse sind“. Staudenraus, Topographischstatistische Beschreibung 
von Landshut (1835) S. 84 liest die Abkürzung Pever’ fälschlich Peuerp(ach?) 
3 Sulzbacher Kalender für kath. Christen 1892, S. 53. K. D. B. I, 338.
	        
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