Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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die Lehre erhalten, keine Arbeit zu überstürzen. Den Rat befolgt 
der Sohn pünktlich; er sieht gemächlich zu, wenn andere zugreifen, 
und läßt sich durch keine Scheit- noch Stichelreden aus seiner Ruhe 
bringen. Zu seinem Arger wird er aber dafür auch bei der Lohn¬ 
zahlung übergangen.“1) 
Das ist keine weltfremde Komik, sondern aus dem Leben 
geschöpfter deutscher Humor. 
Ja, daß selbst das fremde Gewand ein echt deutsches Herz 
decken kann, hat uns nicht nur der Waltharius manu fortis gezeigt, 
sondern auch die Muse Baldes und Avancinis, zweier Jesuiten, und 
Simon Rettenpacher von Kremsmünster. Seine wohllautenden, an 
Horaz gemahnenden Verse waren ganz von deutschem Geist erfüllt 
und was sich in südlichen Rhythmen so schwungvoll aussprach, war 
lautere Liebe zum eigenen Volke im kälteren Norden, war der innige 
Wunsch, es möchten alle, auf deren Lippen im Actus diese Verse 
tönten, von gleichem Empfinden beseelt sein. 
Auch das 18. Jahrhundert ließ in all dem lateinischen Zopfe 
dem nationalen Empfinden, dem deutschen Humor noch Spiel¬ 
raum genug. 
Mitten in dem beschaulichen Kampfe St. Benedikts mit dem 
Fleische plündern in einem Kremsmünster er Stücke vom Jahre 1751* 2) 
die jungen Rhetoriker als listige Räuber einen Bauern und reden 
dabei, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist — zum allgemeinen 
Gaudium. 
Um diese Zeit beginnt nun das Deutsche auf den Stiftsbühnen 
überhaupt vorzudringen. 
In Kremsmünster treten an der Ritterakademie (1743—1789) 
der bekannte S. Popoivitsch (1705—1774) und der Stiftspriester 
Rudolf Graser eifrig für das „gereinigte“ Deutsch Gottscheds ein; 
ja Graser steht sogar in brieflichem Verkehre mit dem Sprachdiktator 
und Bühnenreformator. Und was diese Männer im Unterrichte und in 
Schriften verteidigten, das setzte Grasers Mitbruder Matthias Preggy 
der von 1757—1794 als Lehrer im Stifte tätig war, in die Praxis 
um. Er brachte das deutsche Schauspiel auf die Stiftsbühne3) und 
x) H. Schaehner, Das Dorotheaspiel. Zs. f. d. Phil. 35 (1903), p. 195 f. 
2) Lilium inter spinas sive cruenta s. Benedicti de cctrne victoria, lubricae 
iuventuti exhibita schola Rhetorices acad. Cremif. 3. Mai 1751. Steyr, Men¬ 
hardt 1751. 
3) Von ihm sind folgende Stücke erhalten: 
1. „Fechredinus Drusiae princeps.“ Steyr, Menhardt 1758. 
2. „Siphenus et Taranta.“ Steyr, Menhardt 1760.
	        
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