Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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protestantischen Steyr Fuß faßte.1) Mutig begann er mit seinen 
wenigen Buben in der Pfarrkirche2) geistliche Stücke, z. T. sogar 
mit Musikeinlagen,3) aufzuführen: „Opferung Isaaks“, „Der 
barmherzige Samaritan“, „Das neugeborne Jesuskind“, 
„Das Leiden Christi“, „Joseph von Arimathaea und 
Nikodemus“. 
Die Neugier trieb auch manche Protestanten hinein und Lindner 
versichert wiederholt, diese in heiliger Begeisterung für das Heil der 
Seelen einfach aber würdig gespielten Stücke hätten oft gleich er¬ 
greifenden Predigten gewirkt und so manche zur alten Kirche zurück¬ 
geführt. 
Und wie in Garsten und den inkorporierten Pfarreien am Be¬ 
ginne der Restauration ein neues Bühnenleben sich entfaltete, so 
war es auch in anderen Stiften des Landes der Fall,4) etwa bis 1624. 
Da kam der Ausweisungsbefehl an die Protestanten und in seinem 
Gefolge der oberösterreichische Bauernaufstand, der auf Jahrzehnte 
hinaus den Wohlstand des Landes tief schädigte. Daher hören wir 
auch in dieser Zeit der Wirren bis zum Westfälischen Frieden nicht 
viel von Musik und Theater. Erst als sich die Stifte vom großen 
„Herrenstaub“ etwas erholt hatten, konnte Thalia wieder in ihre 
Hallen einziehen. 
Der Hauschronist der Abtei Kremsmünster, Pachmayr, nennt 
ausdrücklich das Jahr 1649 als den Beginn der „dramatum nostrorum 
epocha“ und den P. Emst Leopold (1648—1653 Lehrer der Humani¬ 
tätsklassen) „comicorum5) nostrorum antesignanum“. 
A) So oft Lindner ein Stück aufführen wollte, mußte er die Erlaubnis 
des Abtes, aber auch die des Bürgermeisters haben. 
2) Die Protestanten spielten teils im Rathause, teils in der Dominikaner¬ 
kirche. Lindner konnte anfangs nur alle zwei Jahre, von 1609—1613 alle Jahre, 
von da an wieder nur mit Unterbrechungen spielen. Im Jahre 1607 erhielt er 
zum erstenmal den Rathaussaal. 
3) Am Weihnachtfeste des Jahres 1610 führten „Garstenses scholares et 
musici“ ein Krippen spiel auf, am Karfreitage des folgenden Jahres „pro maiore 
excitanda devotione adhibiti sunt tibicines cum suis instrumentis ad musicam 
vocalem“ beim Passionsspiele. 
4) Das Soldbuch des Stiftes Lambach, wo Abt Wolfg. II. Kammerschreiber 
(1571 —1585) die Klosterschule wieder mit katholischem Geist erfüllte, ver¬ 
zeichnet zum Jahre 1577 für zwei Komödien ein Geldgeschenk von 2 fl. 2 ß 28 S 
an den Schulmeister. 
5) Den Spielleiter, gewöhnlich ein Professor der Rhetorik, nannte man 
P. Comicus. Eine Reihe von Stücken schrieben im 17. Jahrhundert in Krems¬ 
münster die Brüder Romuald und Placidus Marstaller und David Zigl.
	        
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