Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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märsohe und natürlich auch Rasttage. Sofort nützte das eine Ge¬ 
sellschaft aus, von einem gewissen Standorte aus, nur mit der 
nötigsten Bagage und einigen Dittersdorfischen Opern versehen, die 
Gegend ä la Campagne zu bereisen und so. ihren Fischzug zu 
machen. 
Zunächst ging es nach Schärding, dann nach Ried. Hier stand 
den ankommenden Priestern Thaliens der geräumige Rathaussaal 
zur "Verfügung, der für solche Zwecke wohleingerichtet war. In 
Ried war schon seit längerer Zeit große Begeisterung für das Theater 
vorhanden, besonders für das Singspiel. Im Dilettanten-Theater 
spielten sogar mehrere Honoratioren als Orchestermitglieder und 
ließen in ihren Privatwohnungen Proben halten. 
Bei solcher Bühnenfreudigkeit machte natürlich die Gesellschaft 
hier ein gutes Geschäft, bekam sogar Garderobestücke, darunter 
eine merkwürdigerweise schwarze Vordergardine, zu leihen. 
Von Ried aus ging die Reise nach Obernberg, wo es ebenfalls 
auf dem Rathause ein allerdings höchst bescheidenes Theater gab, 
sodann nach Braunau. Hier vertrat zwar nur ein Wirtshaussaal 
das Schauspielhaus, im übrigen war aber auch in diesem Grenz¬ 
städtchen viel Musik- und Theater-Liebhaberei zu finden. 
Im Stifte Reichersberg, dem nächsten Ziele, fand die Gesell¬ 
schaft eine schöne Liebhaberbühne und ein Orchester, das aus 
Stiftsgeistlichen, dem Hofrichter und mehreren Prälatendienern 
bestand, im aufgehobenen Stifte Suben hingegen nur ein ärmliches 
Theater, das nicht lange vorher von der Stadt Schärding geliehen 
worden war, damit sich der neue Besitzer, Generalvikar Finetti, 
ein paar Opern ansehen konnte. 
Zum Schlüsse kehrte die Gesellschaft nach Schärding zurück, 
um hier nochmals von den letzten Durchmärschen zu profitieren. 
Abgesehen von dieser Spekulations-Kampagne waren immerfort 
Wandergesellschaften auf der Reise. 
Im Jahre 1789 starb z. B. in Vöcklabruck der Schauspiel¬ 
direktor J. Korber, von dem man sich folgende merkwürdige Ge¬ 
schichte erzählte. Einmal holte er irgendwo aus dem Beinhause 
einen Totenkopf, den er zur Totengräberszene im ,, Hamlet brauchte. 
Er vergaß, ihn zurückzu tragen, packte ihn in der Eile mit anderen 
Theaterrequisiten ein und kam erst 20 Meilen entfernt beim Aus¬ 
packen wieder darauf. Sofort sandte nun der gewissenhafte Theater¬ 
direktor einen Expreßboten mit dem Totenkopfe zurück und ließ 
sich vom Küster und Totengräber des betreffenden Ortes Atteste 
ausstelien, daß er das entlehnte Gut zurückgestellt habe.
	        
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