Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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gesellschaftliche Gleichstellung mit dem Militär das Recht des Zu¬ 
trittes in hohe und höchste Kreise zu erlangen. Er beruft sich 
hiebei auf das Beispiel der Alten. 
Würden alle gemachten Vorschläge, die durchaus nicht Wahn¬ 
witz oder Hirngespinste seien, durchgeführt — und von Josephs 
Weisheit sei das zu erwarten — so könnte Deutschland hoffen, 
allmählich sich eines ebenso aufgeklärten Pöbels rühmen zu dürfen, 
wie ihn derzeit nur England besitze. 
Soweit die Bill. 
Es ist der ausgesprochenste Idealismus, der aus jeder Zeile 
spricht, und von den Forderungen sind so wenige praktisch disku¬ 
tabel, daß selbst ein Josef II. das Büchlein mit einem Lächeln wird 
weggelegt haben. 
Aber Cremeri erlahmte nicht. Im Jahre 1786 schrieb er wieder 
„Wünsche, eine ächte Schaubühne zu bekommen“ und gelegentliche 
Hiebe und Argumente gegen Theaterfeinde sparte er nicht. 
Er überschätzte ohne Zweifel den moralischen Nutzen der 
Bühne ebenso wie Schiller und war nur zu geneigt, Angriffe gegen 
die zeitgenössische Bühne mit ihren nicht immer einwandfreien 
Stücken als gegen das Schauspiel überhaupt gerichtet anzusehen. 
Wie ein zweiter Pastor Goeze griff ihn der Nonnenbeichtvater in 
Windhaag, Franz Steininger, an, nannte ihn einen Socinianer und 
Pelagianer, weil er auf Seite 66 seiner „Bill“ sage, daß der Mensch 
mehr zum Guten als zum Bösen geneigt sei. Er wirft ihm vor, daß 
er die Gnade geleugnet habe, um der Freiheit Weihrauch zu streuen, 
nennt seine Lehre, die Moral wirke stärker von der Schaubühne 
auf die Herzen der Menschen als vom Predigtstuhle, eine mehr 
auslachens- wie widerlegenswürdige. Steininger wendet ferner ein, 
Christus habe zu den Aposteln nicht gesagt: „Gehet hin in alle 
Welt und spielet Komödien!“ Cremeri möge nur wieder zum Theater 
zurückkehren, aber zusehen, daß es ihm nach dem Tode nicht auch 
so ergehe, wie dem Schauspieldichter im Fi eiding: Halt! sprach 
der Höllenrichter Minos zu ihm. 
Gegen diese Mahnung wendet sich Cremeri in seiner Schrift 
„Immer der Pasquillant trotz seinem Rocke“, Seite 61: 
Um des Himmels Willen, wo haben Sie denn da hingedacht? 
war mir ja immer mit ihrem Christenthume nicht zusammengegangen. 
Hier scheint es, als glaubten Sie dem Höllenrichter Minos; dem 
glaubten aber die Heiden, also sind Sie kein Katholik, sondern 
geradezu so wie ich alles in allem ein Heide, und dieß durch so
	        
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