Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Publikum durch lange Zergliederungen und Erhebung der Stücke 
auf dem Komödienzettel bewegt werden muß. Diese Mittel tun ihre 
Wirkung eine Zeitlang. Sobald aber das Publikum ein paarmal sich 
dadurch getäuscht findet oder dasjenige nicht sieht und empfindet, was 
es sich dabei vorgestellt hat, so schlagen auch diese Reizungsmittel 
fehl und es traut einem wirklich guten Stücke künftig noch weniger 
zu. Die langen Epilogen auf den Zetteln taugen überhaupt nichts — 
gute Auswahl in den Stücken, die der Neigung des Publikums 
entsprechen, öftere Abwechslungen und gutes Spiel der Schauspieler 
machen besseren Effekt, bringen mehr Zutrauen und Neugierde ins 
Publikum, sind bessere Reinigungsmittel als alle Scharlatanerien im 
Zettel, bey welchen sich der Zuschauer am Ende um desto mi߬ 
vergnügter befindet.“ 
Also mehr Novitäten, mehr Opern, weniger Rührstücke, mehr 
wirkliche Aufregung ä la Schiller und weniger Reklame wünschten 
die Linzer. 
Wenn man das Verzeichnis der vom 17. April bis zum 10. August 
1787 aufgeführten Stücke und die Reihe der neu einstudierten1) 
überblickt, und einen Vergleich mit den gleichzeitigen Darbietungen 
des Wiener Burgtheaters* 2), der Grazer3) und der Frankfurter4) 
Bühne anstellt, so kann das Urteil über Lassers Geschmack kaum 
ungünstig ausfallen. Wir finden nicht wenige Wiener und Frank¬ 
furter Repertoirestücke auch in Linz vertreten. 
Ich erwähne nur: „Rudolf von Habsburg“ von Werthes, 
„Der Mönch vom Berge Carmel“ von Dalberg, „Die Mündel“ 
von Ifflandj „Die beiden Billets“ von Wall, „Der Ring“ von 
Schröder, Shakespeares „Julius Caesar“ und „Hamlet“ (wohl in 
Schröders Bearbeitung), Gemmingens „Hausvater“, die Opern „La 
Frascatana“ von Paesiello, „Die Höhle des Trophonio“ von 
Salieri und „Figaros Hochzeit“ von Dittersdorf. 
In dem Verzeichnisse stehen mehr als 20 Opern, allerdings 
manche mehrmals wiederholt. 
Zu den vom gebildeten Publikum kühl aufgenommenen Rühr¬ 
stücken gehörte vielleicht auch das am 28. Mai aufgeführte Schauspiel 
„Hanno, Fürst im Norden“ von J. Chr. Bock, ein Gemisch aus 
WerthePscher Sentimentalität und veralteten, grausamen Anschauungen. 
b Im Anhänge. 
2) E. Wlassack, Chronik des k. k. Hof-Burgtheaters. Wien 1876, S. 65—67. 
3) A. Schlossar, Innerösterreichisches Stadtleben, p. 41. 
4) E. Mentzel, Das alte Frankfurter Schauspielhaus und seine Vor¬ 
geschichte. Frankfurt 1902, S. 61 f.
	        
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