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Den Anfang machte er am 13. Juni 1782 mit P. Weidmanns
„Stephan Fadinger“ (Wien 1781).
Das Stück ist unleugbar eine der gelungensten Schöpfungen
Weidmanns und wandelt in den Bahnen Goethes. Der „Götz“ hat
dem Autor sichtlich vorgeschwebt.1)
Die Aufnahme war j^inA guW. Das Publikum dieser Zeit,
welche unwahrscheinlichen, krassen Effekten überhaupt nicht abhold
war, fühlte sich durch die oft an den Haaren herbeigezogenen
prahlerischen Reminiszenzen an die immer ruhmvolle Geschichte
der oberösterreichischen „Nation“ offenbar geschmeichelt und der
Erfolg des ersten Versuches mit dieser Gattung zeitigte eine Reihe
vaterländischer Dramen, deren Gipfel das dreiaktige Original-Provinz¬
stück „Das Land ob der Enns“ (Linz 1795) von Wenzl
Blima war.
Es segelt ganz in Weidmanns und Cremeris2) Fahrwasser;
über seine Absichten klärt uns die äußerst bieder gehaltene Vorrede
auf, die da lautet:
Hochlöbl. Herren Herren Stände,
im Erzherzogthum Österreich ob der Enns etc. etc.
Der Tag, an welchen das erhabene, allergeliebteste Kaiser Paar Franz
und Theresia nach vollbrachter Kaiserkrönung in Frankfurt auf Ihrer Rück¬
reise in dieser Hauptstadt eintrafen, und in selber das Nachtlager allergnädigst
abzuhalten geruhten, war zu schön, war zu glänzend, als daß nicht jede auch
die kleinste Erinnerung an selben für jeden seinen Landesfürsten liebenden
Unterthan angenehm, und freudenerregend seyn sollte. Jeder Stand der ober-
österreicher Getreuen jubelte, jeder Stand wetteiferte seine Liebe gegen den
allergeliebtesten Monarchen auf eine vorzüglichere Weise am Tag legen zu können.
Dieses, und dann der von mehreren hoch- und niederen aber gleich
patriotisch gesinnten Männern öfters geäusserte Wunsch, das dieser allgemeine
Freudentag als ein Andenken einen herrlichen Gegenstand zu einen ober-
österreicher Theaterstücke abgeben könnte, eiferten Unterzeichnete an, gegen¬
wärtig dramatisches Stück zu verfassen, und selbes durch eine darauf ver¬
fertigte, dem Text ganz entsprechende Musik für die Oberösterreicher Schau¬
bühne anwendbar zu machen.
Bey dem ersten Anblick könnte man zwar den Unternehmern ein zu
grosses Wagestück vorwerfen — Allein! Erhabenheit des Stoffes, Aneiferung
von mehreren Seiten, und ein Nazionalstück — Gründe genug, welche ein
dergleichen patriotische Unternehmung zur Genüge rechtfertigen können;
besonders da sich ein altberühmter dramatischer Schriftsteller über die Vor-
treflichkeit der Nazionalstücke folgender massen ausdrücket: „Nazionaltheater-
2) E. Payer von Thum, Paul Weidmann, der Wiener Faustdichter des
18. Jahrhunderts. (Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft. XIII. (1903), p. 44.
2) Cremeris Nationalstücke bespreche ich im Zusammenhänge mit seiner
gesamten literarischen Tätigkeit im YI. Abschnitte.