Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Siegesbewußt erwartet nun die Frau die Acteurs, auch den aus Weilkam 
verschriebenen, neu aufgenommenen Bernardon. Er darf auch etwas lustig sein, 
aber „äußerlich muss er die sittsamsten Geberden haben“. Bei der nun folgenden 
Probe mit Bernardon weichen dieser und der Compositeur von der Wortstellung 
des Textes ab. Die Madame beginnt nun zu wüten über das „vermaledeyte 
Extemporieren“ und über die Zumutung der Kammerjungfer, daß Bernardon das 
Parterre erlustigen solle. „Der hat Salz! im ganzen Salzkammerguth wird nicht 
so viel gesotten, als dieser Bernardon im kleinen Finger hat. Salz! daß einem 
die Zähne wässern; wässern aber einmal die Zähne, so werden auch bald die 
Augen trieffen.“ Aber es darf nichts geschehen auf der Bühne, worüber zu 
lachen ist, die französischen Ausdrücke sind den deutschen vorzuziehen, weil sie 
erbaulicher klingen. Die Acteurs überschütten den Kompositeur mit Grobheiten 
und beschließen in Anbetracht der schlechten Finanzen nicht die Cleopatra 
zu spielen, sondern was sie schon tausendmal gespielt und was die Leute, wenn 
es noch tausendmal sollte gespielt werden, mit einem jederzeit neuen Vergnügen 
hören: den Doctor Faust. 
Ein Duett zwischen der Cleopatra und der Kammerjungfrau begründet 
die Wahl dieses Stückes näher: 
Cleopatra: Robinson, Telemac, 
Du Molierens Harpagon, 
Du hochgepriesner Pantalon, 
Du Herr von Pourceaugnac, 
Kammerjungfer: Crebillons Rhadamist, 
Du Japhet aus Armenien, 
Du Zeitungsblatt aus Spanien, 
Du Scarrons Duellist: 
Beide: Ich schmälre euch die Ehre nicht; 
Ich sag nur, was der Pobel spricht: 
Die schönste Narrenthey 
Ist Faustens Teuflerey. 
Cleopatra: Warum? da ist Hanswurst dabey. 
Er findt den Faust im Kreise: 
Kammerjungfer: Er schilt, daß Faust so närrisch sey 
Und durch die Lüfte reise. 
Wie ängstigt sich der arme Lapp, 
Daß nicht der Teufel ihn ertapp! 
Hol, ruft er, alle Leut, 
Nur mich laß ungekeyt. 
Der 3. Akt versetzt uns knapp vor den Beginn der Vorstellung. Es ist 
nur ein altes Mütterchen anwesend, welches fragt, ob der heilige Cleopatra, der 
heute aufgeführt werden soll, ein Mönch oder ein Einsiedler gewesen. Die 
Principalin, die ihre weiblichen Kräfte Lisel und Mariandl nunmehr Donna prima 
und Donna seconda genannt wissen will und der die Spässe des Bernardons 
nicht geringe Sorge machen, fragt nach dem Grunde der Leere im Zuschauer¬ 
raum. Es stellt sich heraus, daß die Leute nur fortgeblieben sind, weil sie 
nicht vom Hanswurst mit der altgewohnten, den Schustern gehörigen Trommel 
eingeladen worden sind. 
Ach! die verfluchte Schuster Trommel, ruft die Madam aus, wer hat 
sie denn abgeholt? Zween Deputirte von der Lade per Mantel und Hand- 
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