Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Man ließ nunmehr, einem Zuge der Zeit folgend, der in den 
Bestrebungen des Volkskaisers Josef II. seinen charakteristischen 
und vorbildlichen Ausdruck fand, auch schlichte Laien in den früher 
so sorgfältig gehüteten Tempel der Kunst. 
Damit wurde die Bühnensprache ausschließlich deutsch, aber 
es trat auch in den Chor der Musen der wenig olympische Spa߬ 
vogel der Wiener Volksdramatik. Man spielte meist zugunsten der 
Armen oder der zu Ende des 18. Jahrhunderts häufig in Anspruch 
genommenen Kriegskasse. Daher wurden Stücke bevorzugt, die 
dem Durchschnittspublikum gefielen, also auf volle Kassen rechnen 
ließen. 
Die „Deutsche Schaubühne“ (Augsburg), ein damals viel be¬ 
nütztes Sammelwerk, bot die vergnüglichsten Stücke, wie sie in Linz, 
Steyr etc. gegeben wurden. 
Dieses leichte Kaliber sah man sich so gern an und so machen 
wir die Wahrnehmung, wie man nach und nach auch an jenen Stätten, 
wo einst die klassische Muse wonnetrunken im Reiche der Ideale 
geweilt, mit „ausgeartetem Verlangen zu ihren niedern Dienerinnen“ 
heruntersteigt, um Schillers Worte zu gebrauchen. In einem Jahr¬ 
hundert war man vom hochtragischen „Cyrus“ zu Kotzebues 
„Bruder Moritz“,1) in einem Jahrzehnt vom „Kurzweiligen 
Hochzeitsvertrag“ zum „Peter Zapfl“ und „Fritzl aus 
Freistadt“ gekommen. 
Es ist überhaupt interessant %u beobachten, welchen Einfluß 
die Residenzstadt Wien auf die Stiftsbühnen genommen hat. 
Hatte man eine Zeitlang Metastasio dem Hofpoeten gehuldigt,* 2) 
so erhielten, als nach der Gründung des Armeninstitutes und dem 
Aufhören des eigentlichen Schuldramas das Laienelement der Stifts¬ 
theater sich immer mehr bemächtigte, auch Leute wie Kotzebue, 
Wezel, Stephanie und viele andere das Bürgerrecht. 
Zur Wahlfeier des Abtes Juliaii in Lambach am 6. Januar 1795 
wurde Kiesheims Lustspiel „Der Herr Spul“ aufgeführt. Im 
Prologe kommt nun die folgende bezeichnende Stelle vor: 
x) Eine Hs. dieses Stückes in der Stiftsbibliothek zu Lambach (18. Jahr¬ 
hundert) trägt den Vermerk: „mit einiger dem Stift lambachischen Theater an¬ 
gemessenen Abänderung“. 
2) Ausgaben dieses seinerzeit angesehenen Dichters finden sich in den 
Stiftsbibliotheken; eine Hs. der Nittetis verwahrt das Linzer Priesterseminar, 
wohin sie zweifellos aus geistlichen Kreisen, wahrscheinlich aus einem auf¬ 
gehobenen Stifte, gekommen ist.
	        
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