Volltext: Der Krieg und die Seele [4]

überwinde ihn!" Seht, so spricht heute der Gott, der in 
allem Geschehen zu uns kommt und leiht der Einzelseele ihre 
Krone. * * 
* 
Das zeigt sich nicht nur beim Tun, sondern auch beim 
Äören. Gesicht und Gehör gewinnen heute an Bedeutung. 
Man lauert, man horcht, man lebt mit den äußeren Sinnen, 
eben darum ist man auch mehr Sinnestäuschungen aus- 
gesetzt. Es geht uns wie der Wache im Feld. Wenn jetzt 
der Mond so hell ins Gefilde hereinscheint, dann muß ich 
an die denken, die draußen stehen und auf jedes Geräusch 
achten, hinter jedem Busch und Baum etwas Gefahr- 
drohendes vermuten und doch ihre Ruhe bewahren, um die 
Ruhe der andern zu sichern. Solche Wachtposten müssen 
wir alle sein, auch hier im Frieden. Wir sind das elende, 
niederdrückende Gefühl der ersten Tage losgeworden, von 
allen Seiten verraten zu werden und von Spionen umgeben 
zu sein. Wir trauen einander. Aber einem gegenüber gilt 
es, seine Einzelseele stark zu machen: vor dem Gerede, Ge¬ 
schwätz und Getue. Auch hier wächst wieder der Einzelne 
und darf wachsen: er muß Auswahl halten zwischen allen 
den Gerüchten, er muß sicher treffen, was haltbar ist, und 
abschütteln, was fremde List oder törichte Begeisterung oder 
berechnender Egoismus in die Welt gesetzt haben. Äier 
erprobt sich erst recht die Tüchtigkeit der Einzelseele. Sie 
muH sich durcharbeiten durch die Last dessen, was über sie 
hereinfällt an Vermutungen, Verleumdungen, Entsetzlich- 
leiten. Aber auch das alles geschehe mit frohem Mut I Es 
gibt heute nur wenig Leute, die aus Böswilligkeit handeln; 
die meisten Mißgriffe kommen aus Nervosität. Keiner 
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