Volltext: XXX. Jahresbericht des öffentlichen Mädchen-Lyzeums und Reform-Realgymnasiums in Linz 1918/19 (30. 1918/19)

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schreibt ein Teilnehmer: Die Turnübungen boten ein abwechslungsreiches 
Bild, welches schon in der Zusammenstellung und noch weit mehr in der 
Durchführung die Tüchtigkeit der Lehrerin Fräulein Paula Größl erkennen 
ließ. In zehn Abteilungen, nach den Klassen, traten die Schülerinnen zu 
Freiübungen in mannigfacher Art, zu Schwingrohrübungen, Schwebegehen 
und Rumpfübungen auf dem Schwebebaum, Laufreigen, Tänzen und Reigen, 
zu Keulenschwingen, aber auch zu Geräteübungen an Barren und Pferd an. 
Die Haltung und Ausführung der Übungen verdienen namentlich bei den 
Freiübungen, den Reigen und den sehr gewandt durchgeführten Keulen¬ 
übungen volles Lob, nicht minder auch die Geräteübungen. Musik, auch Gesang 
begleitete die Übungen und es fei auch des Fräuleins Rosa Steiner, 
das die Begleitung übernahm, nicht vergessen; auch ihr gebührt ihr Anteil 
am Erfolg. Alles wurde korrekt durchgeführt, alle Schülerinnen waren 
mit Eifer und Ehrgeiz bei der Turnerei, ein Ergebnis, welches um so hoher 
anzuschlagen ist, als das Lyzeum infolge der Schulsperre im herbste und 
des Kohlenmangels im Winter nur wenige Wochen feine Turnhalle benützen 
konnte, von den noch den Kindesjahren nicht entwachsenen Schülerinnen 
der untersten Klasse bis zu den erwachsenen Absolventinnen der letzten 
Klasse des Lyzeums und Realgymnasiums, die mit einer in Form und 
Ausführung gleich gelungenen Gavotte und einem Walzer die 'Übungen 
schloffen, zeigte sich der ganze Entwicklungsgang modernen Mädchen¬ 
turnens, richtiger gesagt, die zielbewußte Erziehung der weiblichen Jugend 
zur Beherrschung des Körpers, welche gerade in den Lntwicklungsjahren 
bedeutsamer als je ist. Auffallend war der relativ niedere Stand einzelner 
Klassenabteilungen bei der bekannt großen Anzahl der Schülerinnen des 
Lyzeums und Gymnasiums. Direktor Schulrat Dr. poetsch wies auch in 
einer kurzen Ansprache auf die Ursache dieses Umstandes hin, auf die viel¬ 
fachen Enthebungen auf Grund ärztlicher Zeugnisse. Rach dem letzten 
Jahresberichte der Anstalt waren von 398 Schülerinnen 100 vom Turn¬ 
unterrichte befreit. Solange sich in Elternkreisen nicht die Überzeugung 
durchringt, daß körperliche Ausbildung für die weibliche Jugend gerade 
zur Zeit strengen theoretischen Lernens geradeso wichtig ist wie das letztere, 
und daß das geregelte Turnen, das jede Muskelgruppe des Körpers 
übt, durch einseitigen Sport und sportliche Übungen nicht ersetzt werden 
kann, so lange wohl auch, wie der Direktor bemerkte, der Laune der Tochter 
nachgegeben wird, wird sich da auch nicht viel ändern, nicht zuletzt zum 
Schaden der Jugend selbst, vielleicht hat das Schäuturnen auch in dieser 
Richtung aufklärend gewirkt, es war ein voller Erfolg, auf den die durch 
zahlreiche Blumenfpenden gefeierte Lehrerin und die Schülerinnen stolz fein 
können. 
Der 23. Juni ein Ehrentag. 
Montag, den 23. Juni, nachmittags, beehrte Herr Unterstaatssekretär 
Otto Glöckel die Anstalt mit seinem Besuche. Er wurde vom Obmann 
des Lyzealvereines, mehreren Ausschußmitgliedern, von Herrn Landes- 
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