Volltext: XIV. Jahresbericht des öffentlichen Mädchen-Lyzeums in Linz 1903 (14. 1903)

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der Großstadt wird bei seinem unvergleichlich größeren Anschauungs- 
Material noch vieles hinzufügen können, aber selbst an den kleinsten Grten, 
an denen eine Mittelschule besteht, wird sich Gelegenheit zu solchen Ex- 
kursionen im Dienste des deutschsprachlichen Unterrichts ergeben. 
Die äußere Veranlassung zu diesem Versuche gab das neue Statut 
für die Mädchenlyzeen, in welchem derartige Exkursionen zur Förderung 
des Unterrichts geradezu vorgeschrieben erscheinen. Und so sei denn an den 
praktischen Versuchen nachgewiesen, aus welchen theoretischen Erwägungen 
und Besprechungen diese Versuche hervorgingen, welchen Zweck sie ver- 
folgten und welchen Erfolg in praktischer oder ethischer Einsicht sie bean- 
spruchen dürfen. 
I. Her RuchörucK unö öas Jeikungsrvesen. 
Der literaturgeschichtliche Unterricht hat oft genug Gelegenheit, auf 
Buchdruck und presse hinzuweisen. Wiv besprechen die Erfindung der 
Buchdruckerkunst in ihrer literarischen Bedeutung, wir erzählen von den 
Flugblättern, die die primitivste Form der heutigen Zeitungen darstellen, 
wir behandeln die Organe der einzelnen literarischen Gruppen, wir erwähnen 
in der Poetik das Feuilleton, das in der Geschichte der modernen Bildung 
eine so große Rolle spielt. Wxv werden auch die Zeitungen nicht umgehen 
dürfen; heute, da schon die Rinder — leider! — Zeitungslektüre betreiben^ 
wird der Lehrer, sei es auch nur im abmahnenden Sinne, an einem Rultur- 
faktor, wie ihn die presse darstellt, nicht achtlos vorbeigehen dürfen; und 
wenn er es auch wollte, so wird er es nicht können, weil ihn Zwischen- 
fragen daraufführen müssen. 
Nun zeigen wir gelegentlich ein großes Blatt von 20 bis 32 Seiten, 
das in einer Auflage von ungefähr 20.000 Exemplaren hergestellt wird. 
Dieses Blatt wird Nacht für Nacht in wenig Stunden gedruckt, gefaltet, 
aufgeschnitten, adressiert und versendet. Das imponiert! Wie ist das physisch 
überhaupt möglich? So wird der Schüler fragen. Aus solchen Erwägungen 
heraus wurde vor einem Jahre mit den Schülerinnen der 6. Klasse eine 
Exkursion unternommen; sie galt dem Besuche der Buchdruckerei Iul. U)immer 
in Linz, in welcher die „Tages-Post" hergestellt wird. Da diese Zeitung 
abends erscheint, so konnten wir, dank der liebenswürdigen Führung und 
Erklärung seitens des Herrn Besitzers, das Entstehen einer Auflage vom 
Anfang bis zum Ende genau beobachten und miterleben. Den größten 
Eindruck machte die große Rotationspresse, an deren einem Ende sich der 
ungeheure Papierballen rein und weiß abhaspelt, um am anderen Ende 
bedruckt, gefalzt und versandfertig den Manipulantinnen in die Händ^ zu 
fallen. Es wird nicht leicht eine Maschine geben, bei der man so unmittelbar
	        
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