Volltext: Die unsterbliche Landschaft. Zweiter Band: Flandern. Arras-Somme-St. Quentin. Die Aisne-Champagne-Front. Der Kampfraum Verdun. Vogesenkrieg. Der Krieg in den Kolonien. Der Seekrieg. (II. / 1935)

Der unbeschränkte U-Bootkrieg 
Rilchener an Bord, der Weg gilt für sicher, doch ein furchtbarer Minentreffer und noch einer zerreißen 
das Schiff und vernichten Besatzung und Höchstkommandierenden. Es ist einer der seltensten Fälle 
in der Geschichte. Über England, das noch erschüttert ist von der großen Schlacht, legt sich etwas wie 
Lähmung, man glaubt schwarze Schwingen rauschen zu hören. Es sind Minen vom deutschen U-Boor 
„U75". Nur wenige Leichen treiben an Land, niemand sah den Feldherrn wieder. 
In der Nordsee entbrennt jetzt echter Stellungskrieg. Die Mine ist auch zur Waffe des Gegners 
geworden und drängt in Massen heran, alle freien Wege und Zufahrten versperrend, den neu ent 
stammten U-Bootkrieg einzudämmen, seine Löcher zu verstopfen. Unaufhörliche mühselige Arbeit 
muß sie beseitigen, muß Wege hauen durch die verseuchten Wasserfelder. Auf Minensucher und 
Geleitflottillen fällt jetzt die Last, der „Rrieg der Rapitänleutnants" wird zur Tatsache. Tag und 
Nacht in See, zu kurzer Erholung nur Ln Helgoland oder in anderen Häfen, ringen sie mit der Gefahr. 
Das Leben gilt nichts, fast täglich wirbeln die Trümmer getroffener Boote, die Leichen treuer Rame- 
raden in Explosionen empor. Auch an der russischen Rüste fallen schwere Opfer, bis es gelingt, die 
Einfahrt zur Rigaischen Bucht zu erzwingen, die Inseln Osel, Dagö und Moon im prachtvollen 
Sturm der Landung zu nehmen, den letzten russischen Widerstand zu brechen, die Seeflanke der 
VIII. Armee fest zu verankern. Dort ist die Arbeit jetzt getan, Rußland verfällt seinem Schicksal, an 
dieser Stelle ist der Ring zertrümmert, der die Mittelmächte umklammert. Aber auf See kommt es zum 
letzten, heroischen Akt der Rriegführung, zum U-Bootkrieg ohne Rücksicht auf Bedenken. Das 
letzte, höchste Risiko, die längst schon kaum verhüllte Feindschaft Amerikas muß in Rauf genommen, 
die höchste Rarte ausgespielt werden. 
während die Hochseeflotte in Überfällen auf Vorposten und Geleitzüge des Gegners in der Nord 
see weiter zeigt, daß sie da ist, und der Gegner nunmehr entschlossen die Schlacht meidet und nur noch 
auf Abwehr und Hungerblockade vertraut, hämmert und schrillt es in den Werken, entstehen Hunderte 
von kleinen und großen U-Booten, mit Minen und Torpedos, mit kleinen und großen Geschützen, 
werden Hunderte von Mannschaften und Offizieren Ln scharfer Schule für den Vernichtungskrieg aus 
gebildet. Freiwillige strömen in Massen herzu, eine neue Elite hebt sich heraus. An der Elbe und Jade, 
bei Borkum, Helgoland und in Pola entstehen und versammeln sich die Flottillen und der Endkampf 
beginnt, viele Male verschärfte sich inzwischen die Abwehr des Gegners, Netze ziehen sich quer durch 
den Englischen Ranal und bei Otranto, mit Minen und Raketen und Leuchtsperren darin, zwischen 
Norwegen und Nordengland breitet sich ein Feld von fast 100000 Minen, jedes Handelsschiff führt 
jetzt Geschütze. Aber die Beutezahlen berauschen: im Januar 1917 sind es £35000 Tonnen Schiffs 
raum, weit über £0 Fahrzeuge, die den weg in die Tiefe gehen, im Mai schon 770000 Tonnen, im 
Juni ist die Million erreicht. Fieberhaft arbeiten alle Werften der Welt, den Ausfall zu ersetzen, alle 
deutschen Schiffe in neutralen Häfen sind beschlagnahmt, und doch geht das Verhängnis weiter. Jm 
Januar lyI8 ist England bei freiwilligen Rationen angelangt, alle Vorräte sind zu Ende, eben deckt 
die Zufuhr den verbrauch. Dem amerikanischen Verbindungsoffizier, Admiral Sims, wird eröffnet: 
„Der Rrieg geht verloren ohne amerikanischen Beistand." Deutsche verkleidete Hilfskreuzer durch 
streifen die Meere, „Möwe", „Wolf", „Seeadler" machen Beute vom Atlantik bis zur Südsee, deutsche 
Minen liegen vor Rapstadt und Lolombo. Das war freilich ein Lebenskampf und Rampfraum, den 
der Frieden nicht ahnen lassen konnte! So hing die Entscheidung am seidenen Faden, bei unvergleich 
licher Tapferkeit und Hingabe und bitterem Tode im Dunkel so manches verschollenen Unterseebootes. 
Die letzte Rarte war gespielt, wie es der Rrieg verlangt, Scheer war jetzt die Oberste Seekriegsleitung, 
aber es war zu spät. Der Hunger hatte zu tief gefressen, die Übermacht war zu groß, die südeuropäischen 
Fronten zerbrochen, das Ende kam näher. 
^capa Flow. Der Untergang einer Flotte, die sich von den Elementen des Umsturzes gereinigt hatte 
und lieber auf dem Meeresgrund ruhte, als in den Händen des Feindes zu verbleiben, Admiral von 
Reuter der Mann, dem es zu danken.
	        
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