Die Schlacht um den Remmelberg lpl8
dem Medusenblick des wirklichen Rrieges zerschmettert zu Boden sanken. Die hier kannten den Rrieg
und seine Schrecken. Sie hatten das Sterben in tausendfacher Gestalt gesehen, sie waren täglich in
Bereitschaft gewesen, getötet zu werden. Sie blickten all dem, was geschah, kalt und klar ins Gesicht.
Sie fürchteten nichts auf der Welt, es schreckte sie nichts mehr. Sie gingen zur Schlacht wie zu einer
schweren, unabweisbaren Arbeit, die getan werden muß, genau fo, wie sie die Jahre hindurch überall
getan worden war. wenn das Schicksal es fügte, daß sie ihren gefallenen Rameraden folgten, so
mußten sie sich darein ergeben. Längst hatten sie mit dem Recht, zu leben, abgeschlossen. Aber das
spürten sie, diese Frühjahrsoffensive war der letzte große versuch, den Rrieg noch für Deutschland zu
gewinnen. Er verlangte daher auch den letzten Einsatz. Mißlang er
Sie stürmten den Berg von Flandern, obgleich er eine Festung war. Sie kämpften, wie alte, er
fahrene Rrieger kämpfen: vorsichtig und doch zum äußersten entschlossen. Die Rugel und die Granate
trafen den Feigen, der zurückblieb, so gut wie den Tapferen, der vorwärtsschritt. Wo es möglich war,
gingen sie dem Tode aus dem Wege. Aber freilich, es gab wenig Möglichkeiten.
Als der Berg in ihrem Besitz war, verließ sie die Rraft. Der Tod hatte furchtbar unter ihnen
gehaust. Jeder Angriff, der nicht durch Menschen immer frisch genährt wird, sinkt zusammen. Das
ist altes, unumstößliches Gesetz. — Deutschland aber hatte nicht mehr genug Menschen. —
Die Schlacht war zu Ende.
Sie blickten vom Remmel hinauf nach worden, wo Zypern, die Trümmerstadt, — immer noch
unerreichbar — zu ihren Füßen lag. Sie blickten auf die flandrischen Hügel im Osten und vlordosten,
wo unzählige ihrer Brüder mit dem Schicksal gerungen hatten und im Glauben an ihr Volk und ihr
Vaterland gestorben waren.
Flandern. — vier Jahre harren sie darum gekämpft und hatten es doch nicht zwingen können.—
Es war heiliges Land geworden, nicht für England allein, das hier seine Weltmacht zu verteidigen
glaubte, sondern auch für Deutschland, das hier für sein Dasein als Volk und Reich kämpfte. Ein
Stück seines Lebens, seines Schicksals war dieses Land für den Soldaten des Jahres I9IS geworden,
der in den Erdlöchern des Remmels hockte.
Ein Bild grausiger Zerstörung, so breitete es sich zu feinen Füßen. Unauslöschlich prägte sich ihm
die weite Landschaft ein mit der toten Stadt Zypern, mit den zerstampften Hügeln, mit den zerstörten
Wäldern, mit den Trümmerhaufen der über die Ebene hingestreuten Gehöfte, Nie würde er das
vergessen. Für alle Ewigkeit war das Schlamm- und Trichterfeld, dessen trübe Wasserlachen wie der
gebrochene Blick der Gefallenen zum Himmel starrten, in sein Gedächtnis eingebrannt.
Aber schon bedeckte sich die zerrissene Erde mit dem ersten zarten Grün wiedererwachenden Lebens.
Zwischen Schutt und Asche blühten die Frühlingsblumen. Aus den zerstörten Wäldern drang vogel
ruf. Eines Tages würde das Trümmerfeld Zypern verschwunden fein. Eine neue Stadt würde er
stehen, ein neues Rathaus, eine neue Tuchhalle. Menschen würden dort leben, für die das Heldenlied
von Nieuport und Dixmuiden, von Langemarck und Hollebeke, von wytfchaete und vom Berg in
Flandern Geschichte und Sage war.