Volltext: Die unsterbliche Landschaft. Zweiter Band: Flandern. Arras-Somme-St. Quentin. Die Aisne-Champagne-Front. Der Kampfraum Verdun. Vogesenkrieg. Der Krieg in den Kolonien. Der Seekrieg. (II. / 1935)

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vor Ypern 1915-1917 
Symbol geworden. Die Ehre Großbritanniens hing daran, daß kein deutscher Fuß die Stadt je betrat. 
Mochten die englischen Stellungen, die Ypern in engem Halbkreis schützend umgaben, noch so sehr 
tm konzentrischen Feuer der deutschen Geschütze liegen, mochten die Verluste noch so hoch sein, der 
Engländer wich nicht um einen Schritt. 
von pilken schwingt der Ypernbogen nach Osten aus. Gegenüber, auf der Südseite von Ypern, 
bildet wytschaete den Gegenpunkt der Achse. Dazwischen welche Fülle von Viamen, von denen jeder 
ein ganzes Buch deutschen Heldentums umschließt, Bixschote, Langemarck, Poelkappelle, Paschendaele, 
Zonnebeke, Gheluvelt, Hollebeke. 
Dem Artilleriebeobachter, der etwa von Zonnebeke aus das Scherenfernrohr nach Westen richtete, 
lag Ypern zum Greifen nahe. Die langen Baumreihen des Yferkanals und der Straßen, die aus allen 
Richtungen dem Stadtrand zustrebten, verbargen die Häuser. Darüber aber ragten die mächtigen 
Bauten empor, die Yperns Ruhm bildeten. Deutlich waren die Martinskirche, das Rathaus, die Tuch 
halle zu erkennen, Vioch standen wunderbar klar die Fassaden und Türme. Aber das eiserne Gesetz des 
Rrieges zwingt zu erbarmungsloser Zerstörung. Denn bei Tage sitzen oben aufden Türmen und Dächern 
die feindlichen Artilleriebeobachter und lenken das Feuer auf die deutschen Gräben. Bei Viacht aber 
flutet durch die Straßen der Stadt ein Strom von Wagen und Menschen zur Front und wieder zurück. 
Schonung bedeutet hier Verderben für die eigene Truppe. So sprüht bei Tag und Viacht der Eisen 
hagel über die verödeten Gassen, krachend bersten die schweren Granaten in Mauern und Gebälk. 
war dies das letzte Ende der glorreichen Geschichte Yperns? Vor Jahrhunderten, auf der Höhe 
ihrer Macht und ihres Reichtums, hatten die Bürger und Soldaten zusammen mit denen Brügges 
die französische Ritterschaft blutig aufs Haupt geschlagen. Dann waren schwere Zeiten gekommen. 
Mehr als einmal waren die Mauern der Stadt gestürmt worden. Die Pest, der „Tod von Ypern", 
hatte neun Zehntel der Bevölkerung hinweggerafft. Da war es vorbei gewesen mit Flanderns großer 
Zeit. Jahrhunderte lag es in kleinbürgerlicher Ruhe. 
Jetzt dröhnte der Viame Ypern wieder durch alle Welt. Aber diesen späten Ruhm mußte die 
Stadt teuer bezahlen. Dunkler als je zuvor in ihrer tausendjährigen Geschichte stand das Zeichen des 
Todes und der Vernichtung über ihr. 
flandrisches Rriegserleben 1917. - 
Damals, 1915-, waren sie fast blind hineingestürmt in das sprühende Feuer. Sie glaubten, der 
unbändige Angriffswille, die unbegrenzte Opferbereitschaft müßte den Sieg erzwingen. An der kalten 
Ruhe routinierter englischer Berufssoldaten, an den Granaten unerreichbarer englischer Schiffe, an 
der Feindschaft der Elemente war dieser Glaube zerschellt. Der Soldat, der l9l5 in Flandern kämpfte, 
war ein anderer wie der von I9IS. Und der von 1917 war wiederum ein anderer. 
1914- und 1917, war das überhaupt noch der gleiche Rrieg? — 
In Flandern, so wollte es England, sollte in diesem Jahr die Entscheidung fallen. Von Ypern 
aus wollten sie das U-Bootnest Zeebrügge ausräuchern. Der U-Bootkrieg, das war jetzt die große 
Gefahr. Von Zeebrügge aus zogen die U-Boote ihre unheimlichen Bahnen rings um England. Alles 
stand auf dem Spiel. Es lohnte, die Blüte der britischen Jugend einzusetzen. — 
Im Osten und Süden läuft rings um Ypern die flandrische Hügelkette. Sie beginnt mit flachen 
Ausläufern südlich von Dixmuiden, führt in klarem Bogen über Langemarck, Pafchendaele, Hollebeke 
nach wytschaete und endigt südlich Ypern im Remmel, der sich 156 m hoch über die flandrische Ebene 
erhebt, und im Mont rouge. 
191£ waren die Hügel in die Hände der Deutschen gelangt. Viur der Remmel, der drohend und 
gefährlich alles überragte, war im Besitz der Engländer geblieben. Der Halbbogen von wytschaete 
reichte bis dicht an seinen Fuß. 
Auf dieser Hügelkette wurde 1917 gekämpft. Ihr Besitz wurde schließlich Zweck und Ziel des 
verzweifelten Ringens. Zeebrügge blieb in hoffnungsloser Ferne. —
	        
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