Volltext: Von Tannenberg bis Hellingfors. Polen. Rumänien. Von den Karpathen zum Kaukasus. Die serbische-mazedonische Front. Italienfront. Der Orient (I. / 1935)

Vormarsch nach Livland und Estland lplS 
anlangten, sahen sie drüben am estländischen Ufer ein mächtiges russisches Panzerschiff in hellen 
Flammen. Es trug den vlamen Glawa. 
Slawa heißt Ruhm. — 
X30et«ge Wochen später weht über Rußland der Sowjetstern. In Brest-Litowsk treffen russische 
Friedensunterhändler ein. In atemloser Spannung horcht der Soldat aufdas Gespräch der Diplomaten. 
Aber die Verhandlungen ziehen sich endlos hin. Im Februar lpl8 verliert die deutsche Oberste Heeres¬ 
leitung endlich die Geduld. Sie kündigt den Waffenstillstand und befiehlt, was besser schon vor einem 
Jahr geschehen wäre, den allgemeinen Angriff. — 
Vloch einmal flammt das Feuer im Osten auf. In dem ganzen Raume zwischen dem Schwarzen 
Meer und der Ostsee kommt alles in Bewegung. 
Die Soldaten hoch im Vkorden, auf Ofel, an der Rigaer Bucht und an der kurländischen Front 
atmen auf. Auch sie sind des Rrieges müde. Aber das Schicksal Livlands und Estlands lastet ihnen 
auf der Seele. Noch immer üben diese Länder ihren geheimnisvollen Zauber auf sie aus. Menschen 
deutschen Blutes sind dort in Not. Es muß ihnen geholfen werden. Baltische Not ist deutsche Not. 
Voller Ungeduld drängen sie vorwärts. Es kann ihnen gar nicht schnell genug gehen, von Osel 
aus marschieren sie über den zugefrorenen Moonsund nach Estland. In raschem Zuge erreichen sie 
pernau und Reval. 
Es war eine Zeit stolzer Siegesfreude. Bis pleskau am Güdende des Peipusfees kommen sie 
und bis Narwa am Nordende, wo vor zweihundert Jahren der Schwede Rarl den großen Zaren 
Peter blutig aufs Haupt geschlagen hatte. Sie standen unweit Petersburg, als der Befehl zum Halten 
kam. Das gewaltige Rußland lag zerschmettert am Boden, wie Spreu im winde zerstob die rote 
Herrlichkeit, wo der deutsche Stahlhelm erschien. 
Diesmal war die Arbeit gründlich getan. Zum zweitenmal bot Lenin den Frieden an, einen be¬ 
dingungslosen Frieden. 
was noch an Rampfdivisionen im Osten stand, strömte nach Frankreich hinüber. 
Für die Landwehr- und Landsturmformationen, die zurückblieben, begann eine geruhsame Zeit. 
Weit verstreut in den Städten, Dörfern und auf den Gütern übten die Landsturmleute den wach- 
und Polizeidienst aus und ließen es sich wohl sein. Der Rrieg geriet halb in Vergessenheit. Die Disziplin 
lockerte sich von Tag zu Tag. 
Aus dem Innern Rußlands kamen zu Hunderttausenden die deutschen Gefangenen zurück, 
viele von ihnen trugen den Reim der Revolution in sich. — 
Die baltischen Barone saßen wieder auf ihren Gütern, in Dorpat lehrten wie früher deutsche 
Gelehrte deutsche Wissenschaft, in Reval saßen die alten Geschlechter auf den Ratssesseln und in den 
Rontoren und lenkten den Handel und Wandel der Stadt. Eine goldene Zeit schien angebrochen. 
Aber die Letten und Esten standen finster zur Seite. Ihr dumpfer Haß gegen alles Deutsche 
kannte keine Grenzen. Die baltischen Herren waren noch heute, nach einem halben Jahrtausend, für 
sie Fremde und Eindringlinge. Fügte es das Schicksal, daß der deutsche Soldat den Fuß rückwärts 
wenden mußte, dann kam es zu gnadenloser Entscheidung. 
Es war Friede mit Rußland. Aber die blutige Arbeit des deutschen Soldaten im Osten war noch 
immer nicht zu Ende. Aus Finnland klangen im Februar und Mär; lpl8 verzweifelte Hilferufe 
herüber. Das kleine tapfere Volk kämpfte um seine Freiheit, um seine Rultur. von Sowjet- 
rußland geschürt, hatte der rote Aufruhr auch dort sein Haupt erhoben. Schon war der ganze 
Süden des Landes in der Gewalt der roten Garden, wenn Deutschland nicht half, konnte das 
Ende nicht zweifelhaft sein. 
was zwang die Deutschen, sich in die inneren Rämpfe eines fremden Volkes einzumischen? Man 
brauchte im Westen, wo in diesen Tagen die große Schlacht in Frankreich schon begonnen hatte, den 
letzten Mann. 
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