Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

67 
schenken, dafür die anderen Klassen, die bisher schon überlastet waren, 
noch mehr belasten. Wir haben also Ursache, neugierig zu sein, wie 
er die andere Gebäudesteuer, die Hauszinssteuer, ermäßigt! 
Die HairsziirSsteuer. 
Aber diese Steuer ermäßigt er nicht, gar nicht. Das 
Jndustrievolk, die Bewohner der Städte, Märkte und Jndustrieorte — 
die sollen weiter bezahlen, was sie bisher gezahlt haben! Und damit 
sie daran ja nicht zweifeln, hat Bilinski die Hauszinssteuerreform gar 
nicht mehr eingebracht! 
Er mußte erst im Steuerausschusse durch die sozialdemokratischen 
Abgeordneten gemahnt und gezwungen werden zu dem Versprechen, 
sie im Herbst 1909 wieder einzubringen. 
Schade ist an sich um den verfehlten Entwurf nicht. Wenn die 
sozialdemokratischen Abgeordneten dennoch seine Wiedereinbringung 
erstrebt haben, wollten sie, daß däs Parlament eine Gelegenheit habe, 
Stellung zu nehmen und.einen besseren Entwurf zu erzwingen. Denn 
auch hier werden das Volkshaus und seine Abgeordneten die Ge 
legenheit haben, die Probe zu bestehen, bb sie' das Interesse der 
Wohnungs- und Werkstättenmieter oder das Kl'asseninteresse der 
Hausagrarier vertreten wollen: Das Volk muß auch darin 
wissen, wie es mit seinen Vertretern daran ist! 
Korytowski bleibt auf dem Hausherrenstandpunkt stehen. Da 
durch allein ist der Entwurf schon verdorben: Jede neue Begünstigung 
wird ein Geschenk an das Hauskapital sein. Aber nachdem dem 
agrarischen Hausbesitz solche Präsente gemacht worden sind, wäre 
man nicht überrascht, wenn er auch dem städtischen Hausbesitz 
Millionen hingeworfen hätte. Doch neben den Schloß- und Hof 
besitzern find die städtischen Hausbesitzer nur Privilegierte zweiter 
Güte, sie müssen sich mit wenigem begnügen. 
Die Grundgedanken des Reformentwurfes sind: 
1. Die Gesamtleistung an Hauszinssteuer soll zwar nicht herab 
gesetzt werden, sie soll aber auch nicht mehr so stark anwachsen 
wie bisher. Es wird eine Zinssteuerhauptsumme festgesetzt, welche im 
Jahre 1910 den Betrag von 111,400.000 Kr. ausmacht und nur jährlich 
um 2 Prozent zunehmen soll. 
Da aber faktisch jedes Jahr um einige Millionen mehr ein 
gehen, so wird dieser Ueberschuß benützt, um hinterher den 
Hausbesitzern Nachlässe zu gewähren. Ungefähr 4 / 7 des Zuwachses 
oder 2 Prozent des Steuereinganges behält sich der Staat, s / 7 deA 
Zuwachses oder 1V 2 Prozent des faktischen Mehreinganges gibt er 
den heutigen Hausbesitzern zurück, indem er im n äch ste n Jahre 
den Steuerfuß herabsetzt. 
Es liegt auf der Hand, daß die Hausbesitzer diese allmählichen 
Nachlässe allmählich verspeisen, ohne daß der Mieter überhaupt das 
geringste zu spüren bekommt oder von den Nachlässen überhaupt 
etwas nur erfährt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.