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unterschieden. Also muß die Besteuerung folgen. Die alte einfache
Gebäudesteuer muß gespalten werden in eine Wohnsteuer und eine
Steuer auf Werkhäuser und Werkräume. Auch das geht nur, wenn
der Staat den Hausherrn ausschaltet und sich direkt an den Mieter
von Werkstätten und Werkhäusern wendet und von ihm direkt die
Werkstättensteuer einhebt. Erst dann kann er auf den Geschäftsgang
Rücksicht nehmen.
Die Ausschaltung des Hausherrn aus der Gebäudesteuer ist
also ein Gebot sowohl der Wohnungsreform wie des Werkstätten-
"schutzes. Sie ist zugleich eine politische Notwendigkeit. Daraus, daß
der Hausbesitzer fremdes Geld und fremde Steuern ins Steueramt
trägt, sich aber diese Steuerleistung selbst zurechnet, maßt er sich un
cerhörte Wahlrechtsprivilegien in Gemeinde und Land an. Er wählt
nuf Grund der Steueropfer der Mieter meist im ersten oder zweiten
Wahlkörper und beherrscht dadurch die Stadtverwaltung. Dort ist
tx als Inkarnation des Kapitalismus das beständige Hindernis einer
wahrhaft sozialen Verwaltung in der Gemeinde. Durch ganz ver
altete, ungerechte Steuergesetze werden die Ratsstuben der Gemeinden
geradezu zur Domäne des engherzigsten, protzigsten Klüngels von
.Kapitalisten — auf Kosten der proletarischen Wohnungsmieter wie
hex gewerblichen Laden- und Werkstattmieter.
So birgt unser elendes Gebüudesteuergesetz nicht nur die krasseste
ökonomische Ausbeutung, sondern auch die volksfeindlichste Klassen
herrschaft. Die Gebäudesteuerreform mutz also zur weittragenden
sozialen und politischen Reform werden, wenn sie zweckmäßig durch
geführt wird.
Unser gegenwärtiges Steuersystem und die Reform-
vorschläge Aorytowskis.
Unsere Gebäudesteuer ist ganz rückständig, sie basiert auf
Patenten von 1820 und 1849, also auf Auffassungen der früh-
kapitalistischen Zeit. Die wichtigsten Unterscheidungen, welche die
wirtschaftliche Entwicklung gemacht hat, kennt sie nicht. Sie unter
scheidet bloß das Eigenhaus und das Zinshaus und diese mcht voll
kommen. Im Mittelpunkt ihres Interesses steht der Hausbesitzer und
-der kapitalistische Ertrag seines Hauses. Wo sie sozial sein will, schafft
sie faktisch Privilegien von Kapitalisten: Dadurch, daß sie für Neu
bauten einige Jahre Steuerfreiheit gibt, kommt sie der Baulust
der Unternehmer, aber auch der Bauspekulation in erster Linie zu
gute, wenn auch daneben für den Mieter indirekt etwas abfällt. Ein
besonderes Gesetz vom Jahre 1902 gewährt Steuerbegünstigungen
für den Bau von A r b e i t e r w o h n h ü u s e r n, sie erleichtern es
den Großindustriellen, die Arbeiter doppelt fabrikshörig zu machen.
Die Hansklassenstener.
Die Eigenhausbesitzer zu treffen, dient die Hausklassensteuer.
Aber nicht alle Eigenhausbewohner unterliegen ihr. Der Hausklassen-