Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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s ) Siehe darüber den erwähnten Aufsatz Otto Bauers. 
Hausherr bloß ihr Steuerbote gewesen. Unzweifelhaft ist für sie 
die Hauszinssteuer eine indirekt geleistete Abgabe. Sie wenden einen 
Teil ihrer Einnahmen für das Wohnen auf und ein Teil dieses 
Wohnungsaufwandes ist eben die Hauszinssteuer: Sie ist also für 
die Klasse der Mieter eine indirekte Aufwandsteuer für den Konsum 
von umfriedetem Raum, von Luft und Licht. 
Weil diese Steuer für zwei verschiedene Klassen verschiedene 
Funktionen hat, deshalb ist' sie so sehr umstritten. Denn es entstehen 
folgende Fragen: 
1. Wenn die Steuer erhöht wird, trifft die Erhöhung den Haus 
herrn oder, den Mieter? Der Hausherr wird sofort darangehen, die 
Mietzinse zu steigern, um die Steuer auf die Mieter abzuwälzen. In 
der Regel gelingt es ihm*). 
2. Wenn die Steuer herabgesetzt wird, kommt die Herabsetzung 
dem Hausherrn oder dem Mieter zugute? In der Regel streift 
sie der Hausherr ein, ohne den Mietzins herabzusetzen*); die Steuer 
herabsetzung ist dann ein reines Geschenk an den Hausherrn, an das 
Kapital. 
3. Wenn die Steuererhöhung j a den Hausherrn einmal trifft, 
so wird der Hausertrag geringer. Ist der Ertrag geringer, so 
ist das Haus nicht mehr so viel wert. (Siehe I, Seite 42, 2. Absatz.) 
Wenn der Hausherr später dieses Haus zu dem g er in g er enWert 
vererbt oder verkauft, so kommt der Uebernehmer, da er das Haus 
von Anfang an billig in der Hand hat, dennoch auf seinen vollen 
Durchschnittsprofit. Die Steuer ist im Verkehr amortisiert. Wenn 
sie jetzt herabgesetzt würde, so wäre das ganz zweifelsohne ein un 
begründetes Geschenk an den jetzigen Besitzer. Das trifft bei uns 
wohl unbedingt zu, da die hohe Hauszinssteuer schon so alt ist, daß 
sie höchstens die Vorbesitzer getroffen hat, nicht aber mehr die 
jetzigen Eigentümer. 
Diese drei Tatsachen erschweren die Hauszinssteuerreform. Das 
Wohnen ist so sündhaft teuer, daß den Mietern geholfen werden 
muß. Aber zwischen den Staat und den Mieter stellt 
sich der Hauskapitalist, so daß sie einander die Hand nicht 
reichen können. Was der Staat nimmt oder gibt, muß erst durch die 
Hand des Häuserkapitals gehen. 
. Das Häuserkapital steckt ein, was der Staat an Nachlässen 
gibt, es läßt sie nicht an die Mieter weiterkommen. Nimmt der Staat 
vom Hausbesitzer mehr, so holt dieser sich's vom Mieter wieder. Die 
allerschädlichste Klasse, die der Hausagrarier, steht zwischen Staat und 
Mieter und vereitelt jede Hauszinssteuerreform. 
Alle 'Versuche einer Reform müssen darum vergebens sein, so 
lange dieses Zwischenglied nicht ausgeschaltet ist. Der Staat muß 
direkt mit dem Mieter verhandeln, er muß diese Ertragsteuer des 
Hausherrn zunächst umwandeln in eine Steuer auf den 
Wohnungsaufwand des Mieters, die ihm direkt vorge-
	        
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