Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

Von den Mehrlasten des Staates sollen nach den jetzigen 
Bilinskischen Entwürfen die Brantweintrinker 34 1 / 2 Millionen, die 
Biertrinker 29 Millionen, die Weintrinker aber nichts übern eh rnxrU— 
Das ist die Endbilanz der sozialpolitischen Ausgestaltung 
Getränkesteuern durch den „Sozialpolitiker" Bilinski! / 
Die Steuer auf Luft und Licht, oder drD^^4H 
Gebäudesteuer. 
Von allen Steuern, welche die arbeitenden Massen belasten, ist 
die Gebäudesteuer die drückendste. Das Wohnen ist wohl in keinem 
Staate der Welt so stark besteuert wie in Oesterreich. Kein Wunder, 
daß die Bevölkerung sich seit Jahrzehnten beklagt und Abhilfe fordert. 
Seit vielen Jahren bildet die Gebäudesteuer einen Gegenstand der 
öffentlichen Erörterungen und des Studiums der Regierungen. Um 
die Wünsche der Bevölkerung kennen zu lernen und über die Mittel 
der Abhilfe sich klar zu werden, hat die Finanzverwaltung schon im 
November 1903 eine Enquete veranstaltet*). Die Frucht dieser En 
quete war der Gesetzentwurf über die Reform der Gebäudesteuer, den 
der Finanzminister Korrstowski in der 18. Session 1908 im Parlament 
eingebracht hat. Sein Nachfolger Bilinski hat diesen Entwurf nicht 
mehr eingebracht, jedoch einen neuen Entwurf für den Herbst 1909 
versprochen. 
Die Gebäudebesteuerung ist eine der schwierigsten Aufgaben 
der Finanzpolitik**), denn bei ihr stoßen die Klasseninteressen ver 
schiedener Bevölkerungsschichten schärfer aufeinander als bei irgend 
einer anderen Steuergattung. 
Die Entwicklung dev Gebänöeftenev: Ligenhaus nnö 
Miethans. 
In der vorkapitalistischen Zeit, wo die Mehrzahl der Menschen, 
welche für die Besteuerung in Betracht kamen, ein eigenes Haus 
besaß und auch allein mit den Familienangehörigen bewohnte, hatte 
es der Staat einfach. Das Haus war das sichtbarste Stück des Ver 
mögens seines Besitzers. Der Staat teilte die Häuser nach ihrer 
Größe in Klassen und schrieb nach einem Tarif jeder Größenklasse 
eine bestimmte Steuer vor. Die Gebäudesteuer war als Hausklassen 
steuer einfach eine Vermögenssteuer, die der Besitzer aus eigener 
Tasche zahlte. 
Mit der kapitalistischen Entwicklung trat die rasche Enteignung 
zahlloser kleiner Leute ein, die nun kein eigenes Dach und Herd 
feuer mehr besaßen und zu Miete wohnen mußten. Der Kapitalismus 
*) Stenographisches Protokoll der Enquete über die Reform der Gebäudesteuer. 
1904
	        
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