Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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Gegenwärtige Steuer 
Zu 
1 Liter 
Trinkbier 
Die 
Steuer 
1 Liter Bierwürze Staat 
Land 
■O u 
sammen 
künftige 
Steuer 
(ab 
6 Prozent 
Schwendung) 
wird 
erhöht 
um 
Abzugbier (10 Prozent) . . . 340 
1-70 
5-10 
7-00 
7-42 
1-90 
Leichtes Lager (12 Prozent) . 408 
1'70 
5-78 
8-40 
8-90 
2-62 
Schweres Lager (13 Prozent) 442 
1-70 
6-12 
9-10 
964 
2-98 
Die Steuererhöhung macht also per Liter Abzug rund 2 H., 
per Liter Lager 3 H. aus. Da aber in Halben und Seideln ausge 
schenkt wird, ist zu befürchten, daß die vereinigte Profitsucht der Brau 
herren und Gastwirte die Aufschläge nach oben abrundet und 2 H. 
schon beim Glas Bier mehr verlangt! 
Was die gesamte Steuer (alt und neu) ausmacht, ersieht man 
aus einer Ziffer: Eine Wiener Familie, die täglich 1 Liter Abzug 
konsumiert, wird an Biersteuer 27 Kr., an Verzehrungssteuer 14 Kr., 
also zusammen 41 Kr. indirekte Steuer von diesem täglichen 
Trunk allein bezahlen! Wer aber in Wien an Grund-, Gebäude- und 
Erwerbsteuer 40 Kr. bezahlt, ist Wähler im zweiten Wahlkörper. 
Oesterreich wird, wenn Bilinskis und der Regierungsparteien 
Wille geschieht, fast das Land der höchsten Biersteuer fein!*) 
Diese maßlose Ueberbesteuerung auch der gewöhnlichen Volksbier 
sorten muß die ärmeren Schichten des Volkes, die heute noch Bier trinken, 
zum billigeren Branntweinkonsum treiben. Denn da der Branntwein 
beliebig mit Wasser verdünnt werden kann, so wird die Brannt 
weinsteuererhöhung hauptsächlich in der Verwässerung und Ver 
elendung des Fusels bei gleichbleibenden Preisen des Ausschank 
glases zum Ausdruck kommen. Zu der kolossalen Steuerausbeute 
wird also — nach kurzer Zeit des Konsumrückganges — als Neben 
wirkung eintreten die Steigerung des Alkoholismus 
in seiner s ch r e ck l i ch st e n G e st a l t, in der Fuselver- 
giftung! 
Eine sehr bedenkliche Folge wird die Biersteuererhöhung zeitigen 
durch ihre 
Einwirkung uns dus Bruuevkaxitul. 
Durch die fortwährenden Steuererhöhungen wurden die kleinen 
Brauer außerstande gesetzt, mitzukonkurrieren. Dadurch wurde die 
kapitalistische Enteignung der Kleinen und die Konzentration des 
Brauereigewerbes in wenigen Händen gewaltig angespornt. Nach 
dem die Konkurrenz der kleineren Brauer weggefallen war, 
konnten die großen mit den Bierpreisen stark hinaufgehen und die 
hohen Steuern leicht einholen. **) Diese Konzentration hat es den 
wenigen übrig gebliebenen großen Brauereien erleichtert, sich zu kar 
tellieren. Das Brauherrenkartell, das so organisierte Alkoholgroßkapital, 
hat zum Schlüsse die Gastwirte sich geradezu hörig gemacht und auch 
*) Siehe oben Seite 9. 
**) Ueber diese Steuereinholung und sdie kapitalistische Tendenz hoher Steuern siehe 
1. Teil, Seite 41.
	        
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