Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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Also müssen auch für die 987.000 Hektoliter die Höchstpreise gezahlt 
werden und die Erzeuger der minderbesteuerten Ware stecken abermals 
24 Kr. per Hektoliter vom Preise in ihre Privatsäcke. 
Wie aber werden diese begünstigten 987.000 Hektoliter berechnet? 
Spiritus ist Spiritus und jeder Brenner wird doch sagen, ich erzeuge 
lieber Spiritus zu niederem Steuersatz. 
Das verbietet ihm nun der Finanzminister. Jenes Quantum 
von 987.000 Hektolitern ist auf die einzelnen bestehenden Brenner 
verteilt. Da besteht ein Regulativ, welches anführt: Du Jtzig Frankel 
aus Mihowa in der Bukowina darfst nur 1144, ihr Grafen Oskar 
und Emil Potocki in Tysmienica dürft nur 1876, du Babette Lieber 
mann in Knihinin darfst nur 1263 Hektoliter zum Steuersatz von 
140 Kr. erzeugen: Das heißt, ihr dürft mehr erzeugen, aber was 
über diese abgegrenzte Summe hinausgeht, müßt ihr mit 164 Kr. 
versteuern. Das ganze minderbesteuerte Quantum ist festgestellt und 
auf gewisse Brennereibesitzer verteilt, es ist, wie man das nennt, 
kontingentiert, die ganze Alkoholmenge von 987.000 Hektolitern heißt 
das Kontingent. Wenn irgend ein anderer, ein neuer Mann, brennen 
will, wird er nicht gehindert, aber er zahlt den höheren Steuersatz; 
der Kontingentteilnehmer kann auch mehr brennen als sein Anteil 
(„sein" Kontingent) beträgt, aber das Mehr muß er gleichfalls höher 
besteuern: Für beide wird sich das schlecht rentieren. Durch das 
Branntweinsteuergesetz erhalten die Kontingentinhaber ein teilweises 
Monopol aufs Schnapsbrennen. 
Wieviel das Monopol wert ist, 
kann einfach berechnet werden. Bei 987.000 Hektolitern findet je ein 
Extragewinn von 24 Kr. per Hektoliter statt, das macht im ganzen 
23,688.000 Kr. oder 
eine Liebesgabe von inehr als dreinndzwanzig Millionen! 
Diese Summe sollen also die Branntweinkonsumenten neben 
dem, was der Staat bezieht, zu dem Zwecke aufbringen, den patrio 
tischen Schnapsbrennern die ^äcke mit Extraprofiten zu füllen! 
Wer sind diese Plünderer -er Taschen des ärmsten 
Volkes? 
Sind es notleidende Bauern? Nein — im Gegenteil — In 
haber von Großbetrieben! Das sind Jndustriebrenner (1a) und 
landwirtschaftliche Konsumbrenner (Id), also Fabriks- und Guts 
besitzer! Und so wird der Betrag aufgeteilt: Es erhalten vom Kon 
tingent 
39 namentlich angeführte Industriebrenner 110.573 Hektoliter 
alle anspruchsberechtigten landwirtschaftlichen Großgrund 
besitzer .876.427 
Zusammen . . 987.000 Hektoliter 
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