Volltext: Der österreichische Staatshaushalt und die Steuerreform (Teil II. / 1909)

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Bienerths, kühner aus: er fügte zur Branntweinsteuer noch die e r- 
h ö h te Bi erst euer hinzu? Bevor wir den Plan, wie die neuen 
Steuern auf die gähnenden Kassen des Staates und der Länder auf 
geteilt werden sollen/den sogenannten F i nanzplan (im V. Abschnitt), 
erörtern, wollen wir den Umfang dieser Steuererhöhungen klarlegen. 
Wir können dabei nicht alle neuen Steuern bis ins Detail 
untersuchen. Die Uebersicht über alle vorgeschlagenen Steuern haben 
wir im ersten Abschnitt gegeben. Es kann sein, daß die Regierung 
einzelne fallen läßt und durch andere ersetzt, wenn sie im Herbst die 
Vorlagen wieder einbringt. Wir beschränken die Detailuntersuchung 
auf zwei Steuerarten, welche in jedem Budget heute die erträgnis-. 
reichsten sind, welche zugleich den infamen Klassencharakter der Steuern 
überhaupt am sichtbarsten beleuchten und welche endlich für die 
Arbeiterschaft das höchste Interesse haben: die Getränkesteuern und 
die Mietsteuern. Diese zwei Proben werden zur Beurteilung unserer 
Finanzpolitik ausreichen. 
A. 
Die Geträrikestenern im allgemeinen. 
Mit schlauem Bedacht wählen heute fast in allen Ländern die 
Finanzminister sich eine Art der indirekten Steuern zur Erhöhung: 
die Getränkesteuern. Branntwein, Bier und Wein werden bei 
jeder Steuererhöhung zuerst ins Auge gefaßt. Denn, so sagen die 
Leiter der Finanzen mit heuchlerischer Miene, „trinken' muß 
m a n n i ch t, d a s T r i n k e n ist ein Luxus, die Trunk 
sucht ein Laster". Sie berufen sich auf die Antialkoholbewegung 
und tun so, als ob sie durch die Steuerbelastung der Bevölkerung 
das Trinken abgewöhnen wollten: Je höher die Getränkesteuern, 
desto besser für das Volk! 
Dev Betvügev Alkohol. 
Wir Sozialdemokraten sind keine Freunde des Alkohols. Wir 
verurteilen nicht nur den Alkoholexzeß, nicht nur die Ausschreitung 
des Rausches und im Rausche, die über viele Arbeiterfamilien Un 
glück bringt; wir verurteilen auch den Gewohnheitstrunk und die 
herrschenden Trinksitten. Denn die Wissenschaft hat erwiesen, daß der 
Alkohol in jeder Form, als Schnaps, Likör, Bier oder Wein, auf 
den menschlichen Organismus wie ein Gift wirkt, welches, gewohn 
heitsmäßig genossen, das Blut zersetzt, die Nerven zerstört, das 
Gehirn schwächt, den Magen und noch mehr Leber und Niere krank 
haft verändert. Es ist in allen Kreisen der Bevölkerung ein schlimmes 
Vorurteil, daß der A l k o h o l st a r k u n d mutig macht. 
Die Wissenschaft hat dieses Vorurteil erklärt. Man hat kompagnie 
weise die Mannschaft schwere Arbeiten verrichten lassen, abwechselnd 
einmal in völlig alkoholfreiem, nüchternem Zustande, das anderemal 
nach mäßigem, wieder ein anderesmal nach stärkerem Alkoholgenuß.
	        
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