Volltext: Allgemeine Einführung in das Steuerwesen (I. Teil /1909)

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bas Pflaster werfen, es hieße auch die Wirtschaft zurückschrauben und 
verelenden, es hieße geradezu jede wirklich mögliche sozialistische Ent 
wicklung hintanhalten. 
Wollen wir die Sozialisierung der Gesellschaft, so müssen wir, 
wie beklagenswert es ist, die Kehrseite der Entwicklung, die transi 
torische Notwendigkeit der kapitalistischen Produktionsweise über uns 
ergehen lassen. Tun wir das, so haben wir doch doppelt das Recht 
und die Pflicht, das persönliche Vermögen und Einkommen des 
Kapitalisten so hoch zu besteuern, als es immer nur volkswirtschaft 
lich möglich ist. Und inwiefern Sinne gehört mit voller Berechtigung 
in das Programm der Sozialdemokratie auch die allgemeine Ver 
mögens- und Einkommensteuer! 
Die Entwicklung dev Zteuevn und die Loziuldenrokrutie. 
Die Lteuevbewilligung. 
Hartnäckig ist der Kampf, den alle Klassen der Bevölkerung 
sowohl bei der Einführung neuer Steuern als auch bei der Ueber- 
walzung der bestehenden führen. Nicht nur die großen Klaffender 
Gesellschaft, auch die kleinsten Gruppen nehmen daran teil.*) Und 
so ist auch das Proletariat genötigt, seine Interessen im Wettstreit 
der Besteuerung mit aller Macht in den Parlamenten zur Geltung 
zu bringen. Damit dient es sich selbst — was allein Grund 
genug wäre — aber es dient auch den Interessen der ganzen Wirt 
schaftsentwicklung, der Zukunft der menschlichen Gesellschaft. 
Denn das eine ergibt sich aus unserer Untersuchung wohl als 
unbestreitbar: 
Ein widerstandsloses Proletariat würde es der kurzsichtigen 
Selbstsucht der Bourgeoisie erleichtern, in alle Zukunft die Staats 
lasten auf den Arbeitslohn zu überwälzen und dadurch die 
Volksmassen physisch, die Produktion materiell zu verkümmern. Erst 
durch die starke Abwehr der Lohnarbeiter kann sich die Vernunft und 
die Tendenz zum Ausbau der direkten Ertrags steuern durch 
setzen, welche der vollen Entfaltung der gesellschaftlichen Produktiv 
kräfte nicht absolut hinderlich sind. 
Denn wenn man theoretisch behauptet, in der Wirtschaft selbst 
liegen zwei entgegengesetzte Tendenzen (Ertragssteuer und Lohnsteuer), 
von denen die eine mit der Zeit überwiegen muß, so spricht man 
praktisch doch gar nichts anderes aus als: zwei Klassen kämpfen 
um die Besteuerungsart (Bourgeoisie und Proletariat) und recht be 
halten muß in diesem Kampfe (nicht beim Zusehen) kraft der öko 
nomischen Tatsachen das Proletariat. Ich kann theoretisch den Satz 
aufstellen: das Feuergewehr siegt über die Keule. Der Schütze aber 
wäre wahnsinnig, der deshalb allein schon glaubte sicher zu sein. 
*) Die Getränkesteuern zum Beispiel treffen den Wein, das Bier, beit Branntwein. 
Sie ziehen also die Weinbauern, die Gerstengebiete und das Kartoffelland in Mitleidenschaft. 
Bei der Wahl, welche Getrünkesteuer zu erhöhen sei, geraten darum in den Reihen der sonst 
festverschworenen Agrarier diese drei Gruppen in Gegensatz.
	        
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