Volltext: Der Weltkrieg in Bildern und Dokumenten nebst einem Kriegstagebuch. Zweite Folge. (Zweite Folge / 1915)

An die Einwohnerschaft 
In den schweren Tagen, die unsere Stadt und unser Volk betroffen haben,erachten 
Wir es für unsere Pflicht, der Bevölkerung folgende Verhaltungsmassregeln vorzuschreiben. 
Würde und Ruh© 
Die Bevölkerung soll sich jeder Feindseligkeit und jedei^Beleidi^ung gegenüber 
den deutschen Truppen enthalten; derartige Handlungen sind nicht nur zwecklos, 
sondern sind der schwerste Schaden, den man unserem geliebten Vaterlande und unserer 
teuren Stadt antun könnte. Eine einzige solche Tat eines Unverständigen könnte den 
TocTvonJiunderten^von^Um^ 2er. 
störungjinsererjj^ 
Bür^er^und^^deiter^blei^ wacht alle, dass die Ordnung auf- 
recht erhalten bleibe. 
Eigentum und persönliche Sicherheit 
Menschen und Besitz werden geschont werden, so lange Ordnung und Ruhe 
herrschen. Jede Beleidigung und jede Ausschreitung ist einem der Unterzeichneten anzu¬ 
zeigen . Schwere Strafen gegen den Schuldigen werden verhängt werden, sodass 
niemand selbst Justiz üben darf. 
Gemeindeverwaltung 
Bürgermeister und Schöffen verwalten weiter ihre Aemter im Verein mit dem 
Gemeinderat. 
Die beratende Verwaltungskommission, bestehend aus angesehenen Bürgern 
aller Parteien und ernannt durch Bürgermeister und Schöffen, verbleibt nach der 
Abreise des belgischen Gouvernements, nach wie vor in Tätigkeit und vertraut eben¬ 
falls auf den guten Willen der Gesamtheit. Jeder muss wissen, dass alle seine Mitbürger 
schwerer Gefahr ausgesetzt sind, wenn die Ruhe gestört wird. 
Zivilgarde und 
Die Offiziere und die Angehörigen der Bürgerwehr, welche ihre Waffen niederge¬ 
legt haben, werden unbehelligt bleiben. Dies gilt jedoch nicht fiir belgische Soldaten, welche 
in Zivil- oder anderer Kleidung sich versteckt halten, oder von der Bevölkerung versteckt 
gehalten werden. Ihnen wird durch die deutsche Militärgewalt empfohlen, sich bei der 
Polizei zu melden und sich dadurch vor schweren Strafen zu schützen. 
Im Notfalle kann die unbewaffnete Bürgerwehr zum Ordnungsdienste herangezogen 
werden, 
Das Gerücht, dass junge Belgier zum deutschen Heeresdienst herangezogen werden, 
ist gänzlich unbegründet. 
Requisitionen und Unterkunft 
Die öffentlichen Verwaltungen werden sich Mühe geben, Verpflegung und Unter¬ 
kunft zu erleichtern. Die Opfer, welche die Stadt , und Vorstädte sich zu diesem Zweck 
auferlegen, machen eine besondere Steuer notwendig. 
Jeder-wird diese Lösung sicherlich als die beste anerkennen, durch sie werden 
Reibungen und Schwierigkeiten am leichtesten vermieden werden. 
POLIZEI 
Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung verbleibt der gewöhnlichen Polizei 
und der Bürgerpolizei. Freiwillige für diesen letzteren Dienst werden aufgefordert, sich beim 
Bürgermeister sofort vorzustellen. 
Mehrere besondere Ausschüsse werden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen 
Ordnung gebildet werden, w^nn es notwendig wird. 
Strassenansammlungen von mehr als 5 Personen sind durch den Bürgermeister 
untersagt. 
WAFFEN 
Es ist den Zivilpersonen ausdrücklich verboten, Feuerwaffen aufzubewahren, und 
2U tragen. Alle diese Waffen müssen gegen Quittung an die Polizeistationen abgeliefert 
werden. 
Die militärische Autorität behält sich vor, sich durch Haussuchungen 
davon zu überzeugen, dass alle Feuerwaffen an die Verwaltung abgeliefert worden 
Jeder, welcher mit Waffen angetroffen wird, setzt sich schwersten Strafen aus. 
Tun Sie also das Ihre, bevor es zu spät ist ! 
Verbergen Sie keine Waffen, liefern Sie sie ab ! 
Polizeistunde der Schankstätten 
Alle ScWkstätten müssen um 9 Uhr geschlossen und ihre Lichter zur selben Zeit 
gelöscht sein. 
Schnaps und Alkohol dürfen nicht verkauft oder in die Schaufenster gestellt 
werden. 
Jede Überschreitung wird unnachsichtlich bestraft werden. Sie wird die Schlies¬ 
sung des Lokals nach sich ziehen auf mehr oder weniger lange Zeit. 
Es wird der Bevölkerung anempfohlen, nicht länger als bis 9 Uhr abends in den 
Strassen zu bleiben, ausgenommen in dringenden Fällen, wie Krankheiten, Feuer und 
Diebstahl. 
Diese Anordnung berührt naturgemäss nicht Mitglieder der Polizei und anderen 
öffentlichen Einrichtungen. 
Wir können nicht genug anraten, sich diesen Anordnungen, welche die Militärbe¬ 
hörde fordert, zu fügen. 
Nationalfarben und Fahnen 
Die freiwilligen Polizisten und alle Personen, welche mit der Wahrung des 
öffentlichen Sicherheitsdienstes beauftragt sind, tragen eine Armbinde in belgischen 
Farben. 
Das Personal des Kommunaldienstes trägt eine weisse Binde mit dem Wappen 
der Stadt und der Aufschrift ,,Stadsdienst" 
Es ist nicht angängig in der augenblicklichen Lage, Fahnen auszuhängen ; die 
Einwohner haben an den Häusern noch aushängende Fahnen einzuholen. 
Dies sind die Befehle der deutschen Behörde. 
Zeitungen 
Auf unserer Bitte wird man die Frage des Wiedererscheinens der Zeitungen oder 
wenigstens eines Teiles derselben erörtern 
Wiefleraufnalune der Beschäftigungen. - Rückkehr der Binwofiner 
Es wird dringlichst anempfohlen, die Geschäftshäuser wieder zu eröffnen und die 
notwendigen Beschäftigungen wieder aufzunehmen. 
Die Bäckereien, Schlachtereien, Wurstmachereien, Spezereihandlungen und andere 
Betriebe, welche zum Lebensunterhalt dienen, müssen spätestens innerhalb 12 Tagen wieder 
eröffnet werden, widrigenfalls behördliche Massnahmen, gegen deren Inhaber getroffen 
werden. 
Bürgerjjvj^ dorthin zurückkehren. Nach 
Einsetzung der deutschen Verwaltung dürfen nur solche Personen in die Mauern Antwer¬ 
pens zurückkehren, welche dort ihren Wohnsitz und ihre regelmässige Beschäftigung haben. 
Eingänge und Beleuchtung während der Nacht 
Die Haustüren können jederzeit geschlossen werden. Weil die öffentliche Beleuch¬ 
tung genügend ist, wird von den Einwohnern keine Beleuchtung mehr verlangt. 
Deutsches Geld 
Der Kurs des deutschen Geldes (Silber oder Papier) für die Einkäufe in den 
Magazinen, die Bezahlung in den Wirtschaften u. s. w. ist auf 1,25 francs für eine Mark 
festgesetzt. 
N achschrift 
Schliesslich bestehen wir darauf, dass grüsste Ruhe herrscht. Man verlangt von 
keinem Bürger, dass er sein Vaterland verleugne, in der schweren Zeit, wie in den 
Friedenstagen, in der Vergangenheit wie in der Zukunft ist und bleibt es das teuerste 
Gut eines jeden Bürgers. Es ist die höchste Pflicht eines Jeden, zur Aufrechterhaltung 
der Ordnung und zur Wiederbelebung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes nach 
Kräften beizutragen. 
Das Cöllegium von Bürgermeister und Schöffen : 
Jan de Vös, Bürgermeister, Victor Desguin, Schöffe, Frans Van Kaiyck, Schöffe, 
Gustaaf Albrecht, Schöffe, Louis Strauss, Schöffe, Alfred Cools, Schöffe, Hubert Melis, 
diensthabender Stadtsekretär. 
Die Intercommunale Beratungscommission : 
•Vorsitzender: Louis Franck, Stadtverordneter Volksvertreter ; Vize-Präsident: 
Alph. Ryckmans, ehemaliger Stadtverordneter und Senator. Mitglieder : Ed. Bunge, 
Kaufmann, F. Carlier, Direktor der nationalen Bank, Edgar Castelein, Administrator der 
Banque d'Anvers, Mgr Cleynhens, Pastor-Dekan, der Kathedrale, Charles Corty, Yorzitsen- 
der der Handelskammer, Joseph Hertogs, Baumeister, Paul Kreglinger, Administrator der 
Banque Centrale Anversoise, Jacq. Langlois, Dispacheur, L. Leclef, Ehrennotär und 
Senator, Graf Emile Legrelle, Bankier, A. Matthys, Bürgermeister von Borgerhout, Robert 
Osterrieth, Kaufmann, F. Van Damme, Arzt, diensthabender Bürgermeister von Hoboken, 
Leon Van Peborgh, Stadtverordneter und Senator, Karel Weyler, Advokat und Stadt¬ 
verordneter, Friling, Schöbbens, Valerius, Schriitsteller. 
Großes Antwerpener Plakat nach der deutschen Besetzung.
	        
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