Volltext: Illustrierter Braunauer-Kalender 1907 (1907)


Die beiden betraten Arm in Arm ein behaglich eingerichtetes Zimmer, wo eine be¬ 
häbige Wirtschafterin eifrig beschäftigt war, frische Gardinen aufzustecken. 
„Aha, das große Frühjahrsreinemachen hat schon begonnen, wie ich sehe; aber 
jetzt, Frau Brigitte, lassen Sie das hier gut sein, und schaffen Sie mir etwas zu 
essen, ich habe Hunger," rief Burkhardt der auf einer Leiter stehenden Frau zu. 
Die Angeredete kam so eilig herab, daß die weißen Haubenbänder flogen, und 
knixte, vor ihrem Herrn fteheti bleibend, ein paarmal tief und erfurchtsvoll. 
„Wären der Herr Medizinalrat nur eine halbe Stunde später gekommen," 
sagte sie, „es wäre alles in schönster Ordnung gewesen." 
„Schon recht, Brigittchen," lächelte der Hausherr gut gelaunt, „Sie sind die 
Perle allerWirt- 
schafterinnen, 
und wenn Sie 
mir jetzt etwas 
zu essen bringen, 
so steigen Sie 
womöglich noch 
mehr in meiner 
Hochachtung!" 
Sichtlich ge¬ 
schmeichelt ent¬ 
fernte sich Bri¬ 
gitte. 
„Und du 
Marianne," 
wandte er sich 
an seine Tochter, 
„bist so gut und 
besorgst etwas 
zum Trinken." 
Marianne 
flog davon. 
Als sie mit 
einer Flasche 
Wein und den 
Gläsern zurück¬ 
kehrte, schrillte 
die Torglocke 
niedergesetzt hatten, 
zugedeckt. 
Burkhardt riß das Fenster auf. 
„Was gibt es denn da, Ihr Leute?" 
„Ein Unglück auf der Jagd, wie es scheint, Herr Medizinalrat." sagte einer, 
ein stämmiger Bursche, der die Mütze in der Hand drehte. „Wir fanden den jungen 
Herrn droben im Ried liegen, mit einer Wunde in der linken Brustseite, und be- 
sinnungslos, und da unser Weg hier vorbeiführt, so meinten wir, es wäre am besten, 
Sie sehen die Verwundung gleich einmal an; bis wir den Verwundeten heimbringen, 
ist es vielleicht zu spät." 
„Ich komme spfort!" 
Darauf lag ein junger Mann, mit einem 
durch das Haus. 
„Wer das nur 
fein kann?" rief 
das junge Mäd¬ 
chen und eilte 
ans Fenster. 
„Um Gottes 
Willen, 
Väterchen, was 
ist das?" 
Burkhardt 
war auf den 
Ruf seiner 
Tochter hin auf¬ 
gesprungen und 
zu ihr geeilt. 
Auch er zuckte 
erschrocken zu¬ 
sammen. 
Draußen stand 
ein Trupp 
Leute, anschei¬ 
nend Bauern, 
um eine aus 
Tannenästen 
hergestellte 
Bahre, die sie 
auf den Boden 
schwarzen Mantel
	        
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