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„Ja, lauf nur —, lauf, Du Wetterhexe, es ist doch so, wie ich sage, wenn
Du es auch leugnest! Der Dr. Rottner hat noch scharfe Augen, wenn er auch nicht
mehr zu den Jungen gehört!" rief er hinter dem Mädchen drein.
Gertrud hörte es nicht. In ihrer Aufregung wußte sie kaum, was sie that,
sie eilte so rasch vorwärts, und achtete wenig auf den Weg. Plötzlich stolperte sie
über einen großen Stein, und wäre unfehlbar gefallen, wenn nicht Förster Gotthelf
eben zur rechten Zeit herbeigeeilt wäre. Er fing die schlanke Gestalt in seinen
Armen auf.
Gertrud konnte im ersten Schreck kein Wort hervorbringen, sie lag sekundenlang,
ohne sich zu regen, und ohne etwas zu denken, an der Brust des Mannes. Nur ihr
Herz pochte in heftigen Schlägen, so daß es ihr fast den Athem raubte.
Die Situation, in der er sich befand, schien dem jungen Förster keineswegs
unangenehm zu sein, vergnüglich blitzen seine hellen blauen Augen, ein leises Lächeln
spielte um die bärtigen *>—
Lippen.
Endlich riß Gertrud
sich los, und blickte be¬
stürzt umher, als müsse
sie sich erst besinnen,
was geschehen war.
„Entschuldigen Sie,
Herr Förster," stam¬
melten die bleichen
Lippen.
„O bitte, Fräulein,
es ist gern geschehen,
wenn Sie mich wieder
brauchen, ich bin mit
Vergnügen bereit, und
wünsche nur, daß ich
dann eben so rasch zur
Hand sein kann, wie
diesmal."
Jetzt lachten sie
Beide, und in dem
der verabredet hatten,
werden würden.
Längst hätte auch der junge Förster das Mädchen, dem er innig zugethan
war, gefragt, ob sie seine geliebte Frau werden wolle, wenn nicht sein — des
Försters — Vater sich ernstlich dieser Verbindung widersetzt hätte. Der stolze Mann
wollte die Tochter des Taglöhners nicht als Mitglied seiner Familie aufnehmen.
Wenn die Erwählte auch im Herrenhaufe erzogen worden war, so blieb ihre Herkunft
in feinen Augen dennoch eine niedrige. Der Vater des Försters war der Bürger¬
meister des Ortes, und als solcher glaubte er, auf Ansehen hatten zu müssen.
Gertrud ahnte natürlich davon nichts. In ihrem Herzen sang und klang es
vor übergroßer Lust und Freude. Sie wußte es, der hübsche Jägersmann, — dem
der grüne Hut mit dem Adlerflaum so keck auf dem leichtgewellten Haar saß, —
liebte sie treu und wahr. Wenn er auch bisher nichts davon verlauten ließ, so
sagten es ihr feine blitzenden Augen, die immer so freudig aufleuchteten, wenn sie
ihm begegnete.
Bald war es kein Geheimniß mehr,
treuherzigen ’-öitct, oen
der junge Mann auf
das Mädchen heftete,
lag so viel Zärtlich¬
keit, daß dieses wie
geblendet die Augen
zu Boden schlug.
Schweigend schrit¬
ten sie eine Weite
nebeneinander hin. Der
Förster begleitete Ger¬
trud bis an's Dorf,
aber keines von Bei¬
den bemerkte es, daß
mancher neugierige
Blick ihnen folgte, daß
jeder Vorübergehende
sie lächelnd betrachtete.
Noch oft trafen die
jungen Leute sich an
derselben Stelle, ohne
daß sie es mit einem»
daß die zwei ein Paar