weiten schwarztuchenen Rockes hinab. Andere Tropfen rieseln durch die Furchen des
mageren Gesichts der Bäuerin. Thräne auf Thräne rinnt aus den blauen Augen.
Die Wandernde tritt unter die Elchen am Hof und hemmt den Schritt. Sie
schüttelt das Wasser aus den Kleidern, schiebt den Rosenkranz aus aufgereihten
Haselnüssen in die Tasche und tritt in's Haus, jetzt langsamen Ganges, gebeugt und
niedergeschlagen.
„Wie ist's? Wie ging's?" ruft der Bauer sie an, sobald sie den Fuß auf
die Schwelle setzt. Er legt bte Hände auf ihre Schulter und starrt ihr ins Gesicht.
„Nichts! Keine Hoffnung!" entgegnet sie und weint laut auf. Der Bauer
taumelt zurück und sinkt wie gebrochen auf die Bank neben dem Ofen. Sie setzt
sich neben ihn und lehnt sich an seine Seite.
Es wird ganz still im Zimmer. Die Dämmerung naht auf leisen Sohlen.
Aus den herzförmigen Einschnitten in der Ofenthür sprühen Lichtbündel und malen
rothe schwankende Flecken an die grüngetünchte Wand.
Ganz still: Der Regen hat aufgehört und der Sturm ist eingeschlafen. Nur
die Athemzüge der beiden Alten sind vernehmlich und das Fallen der Tropfen, die
aus der Bäuerin Gewand rieseln.
Sie weinen Beide leise und schmerzlich vor sich hin. Auf einmal fährt der
Bauer wild empor:
„Und ich leid's nicht. Es sann, es darf nicht so kommen!"
„Was willst Du dran ändern?"
„Ich laß' es nicht zu!"
„Der Wolf wird sich nicht viel darum kümmern."
„Still, nichts davon. Bring' mich nicht ganz vom Verstand. Krahkamp's
Hof soll unter ben Hammer kommen! Den meine Väter Jahrhunderte lang besessen
haben! Im breißigjährigen Krieg haben sie schon hier gehaust und burchgehalten bie
schwere, schwere Zeit. Ünb ich? Gott im Himmel —"
Krahkamp schrie auf und schlug sich mit den Fäusten vor die Stirn.
„Du hast keine Schuld," begütigte die Bäuerin. „Bist immer fleißig gewesen,
hast nur zu viel gewagt. Und daß Du Dich dann mit dem Wolf eingelassen hast,
mit dem elenden Wucherer."
„Warum hab' ich’# gethan?" tobte Krahkamp. „Warum, als um den Hos
in die Höhe zu bringen ? Wir haben keinen Weizenboden, wie die Bauern in den
Niederungen, wir haben Sand — aber es mußte gehen. Der Teufel hat feine Hand
im Spiel, der Böse will mich verderben. Ha, ich verschrieb mich ihm mit eigenem
Blut, wenn mir der Hos bliebe."
„Um Gottes Willen, Bauer," gab die Bäuerin zurück, „versündige Dich nicht
an unserem Herrgott. Alles kommt von seiner Hand, Gutes wie Schlimmes.
Schließlich ist nichts daran gelegen, ob Du als Großbauer oder als armer Knecht
in den Himmel kommst. — Der Herr kann uns noch helfen, wenn er will, feine
Hand ist unverkürzt. Zwar hat mein Bruder uns heute die Hilfe versagt, aber wir
haben ja noch die gute Tante Nöre —"
„Meine Schwester?" schrie der Bauer. „Lieber will ich verhungern, als von
der einen rothen Pfennig nehmen. Ich bin feit zwanzig Jahren auseinander mit ihr."
„Ohne Grund", warf die Bäuerin ein.
Er sah sie zornig an: „Ich weiß, was ich thun und lassen muß."
„Aber dann können wir den Hof nicht halten."
Die Worte riefen dem Bauern wieder feine schreckliche Lage vor Augen. „Es
darf nicht fein!" schluchzte er auf. Dann bezwang er feinen Schmerz und starrte
hinaus. Seine Züge wurden schärfer und härter, wie ein Blitz gieng es einmal