Volltext: Illustrierter Braunauer-Kalender 1903 (1903)

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Am Leierabend 
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Oberösterreichs stolzer Schmuck, unseres Volkes 
Ruhm und Ehre, des Vaterlandes Freude, — sind 
es nicht die schmucken Bauernhöfe mit ihren kern¬ 
gesunden, arbeitsamen und gemüthlichen Bewohnern? 
Diese stattlichen Höfe draußen im rossenährenden Jnn- 
viertel, in den Obstbaumhainen des leichtlebigen „Landl's", verstreut den Flußläufen 
unserer Alpenthäler entlang, über die wogenden Weizenfelder gleich Edelsitzen hin¬ 
leuchtend im unmuthigen Kremsthale bis hinüber zur Steyr und Enns und Donau, 
und drüben noch, wo das paradisische Machland das steinige, bucklige Mühlviertel 
verleugnet, — wie eine herrliche Inschrift kommen sie mir vor, die da lautet: 
Friede und Segen! 
Ja, in unserem braven Bauern stände erkennt das Vaterland die starken 
Wurzeln seiner Kraft, und wer immer an's Vaterland, an's theure, sich anschließt 
mit seinem ganzen Herzen und es liebt in Treue bis zum Tode, dem kann Wohl- 
und Wehe des Bauernstandes nicht gleichgiltig bleiben. Der Patriot freut sich des 
behäbig blühenden Bauernstandes, und sieht er dieses ersten aller Stände Noth und 
Niedergang, so muß sein Müh'n und Sorgen unverweilt auf Mittel sinnen, die dem 
Bauernstande die alte Würde, die vererbte Kraft, der treuen Arbeit Lohn bewahren. 
Schlimme Zeiten sind es, die der Menschen Uebermnth und Gottvergessenheit über 
unsere schöne Heimat heraufbeschworen hat; immer schwerer leidet gerade der Bauern¬ 
stand darunter, immer eifriger aber bemühen sich auch des Volkes treueste Berather, 
dem Bauernstande den Weg zu seiner Rettung, Erhaltung und neuen Kraftentfaltung 
zu weisen. 
Gibt es ein herrlicheres Gefühl für den Landwirth, als wenn er am Feier¬ 
abend in dem schattigen Garten bei seinem Hause sitzt, um die müden Glieder aus¬ 
zuruhen und die heiße Stirn in der erfrischenden Abendluft abzukühlen? Heute hats 
gegolten vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Manches Fuder duftenden 
Heues ist heimgebracht worden, und wenn das gute Wetter noch einige Tage an¬ 
dauert, fo ist's geschehen und für den langen Winter gesorgt. Dann gibt's wieder 
Ruhetage, wo er die Früchte seiner Arbeit genießen kann. Es ist freilich viel Mannes¬ 
arbeit dabei, viele Sorge und Verdruß, bis sich einer so viel verdient hat, daß er 
ruhig in die Zukunft schauen kann. Es ist ein herbes Ding nm's Verdienen und 
den Kampf nm's Leben, wo Jeder seinen Theil haben will, und die Deinen müssen's 
oft hören, wenn Du vergrämt und übermüdet nach Hause kommst uni) es Dir ist, 
als ob Du die Last nicht mehr von Deinen Schultern abschütteln könntest. „Da 
habt's Ihr Weiber doch viel besser!" sagst Du zu Deiner Hausfrau, welche Dir den 
Krug mit frischem Moste reicht. „Ihr sorgt nicht, wo's herkommt, und kocht und 
bratet den ganzen Tag, als ob man bloß zum Essen und Trinken da wäre, und 
bürstet und fegt das ganze Haus, als ob die theure Seife nichts kostete, und kleidet 
die Kinder stets in frische Kleider, wie wenn sie es in der nächsten Viertelstunde
	        
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