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Prälaten von Garsten 1442 erbauten Kirche und dem breiten
Turme; links am Fuße des Gaisberges hingestreckt liegt die
langgedehnte Ortschaft Au: inmitten regt sich auf Feldern
und Wiesen landwirtschaftliches Leben. Rückwärts im Mollner-
tale liegen Hügel und Berge durcheinander; das Auge forscht
nach der Mittelschule Breitenau: es findet den Platz; es hat
die Richtung: doch das Gebäude erspäht das Auge nicht, weil
einzelne Berge vorgelagert sind. Das Auge eilt bis zu den
Grenzhöhen gegen die Enns; es kehrt zurück und streift das
Tal, welches zur Rainsau führt; wird jedoch, von der Zmol-
lingerspitze zurückgeworfen, von der Mollnerbrücke, unwillkür¬
lich von dem prächtigen Edthofe und der Stationsanlage
Molln gefesselt. Da kommt auch schnaubend und pfeifend ein
Zug angefahren. Equipagen fahren herüber und hinüber: viel¬
leicht ist eine Hirschjagd oder Gemsjagd oder eine noble Hoch¬
zeit; oder war es der gleiche Landauer herüber und hinüber.
Doch was kommt jetzt? Die Fuhrleute und Kutscher
springen von ihren Wagen, weichen weit aus und halten
ängstlich ihr Gespann: es rennt ein Wagen daher, ganz besetzt,
jedoch unbespannt: es ist nichts angespannt: es ist ein Auto¬
mobil: blitzschnell eilt es streckenweise dahin.
Nördlich mich wendend sehe ich die Brauerei und das
Schloß Leonstein in herrlicher Lage; vom Hambaume aus
gesehen, überrascht dieser Anblick des Schlosses in vorzüglicher
Weise. Nach Süden gewendet, fällt das Auge hinab über den
Bergrücken „Riedpoint und Haiderberg" ins Ramsautal unter
Steinmühle und Planwipf; klettert wieder empor an Vor¬
bergen der Steyr und gleitet hin über Bergspitzen und Berg¬
rücken, bis es beim Hochsengsengebirge anlangend, an dieser
gewaltigen massiven Felsenmauer hin- und hereilend, endlich
zur Ruhe kommt und sich fassend, gleichsam aus der Ueber-
ladung und Ueberanstrengung erwachend, nun anfängt, einzelne
Berge zu markieren und sich Orientierung zu verschaffen. Die
Gefühle, welche bei einem derartigen Anblicke sich regen,
können sprachlich nicht wiedergegeben werden. Wer aber seine
Gefühle schreiben konnte und schrieb, der hat den wahren
gänzlichen Eindruck nicht gehabt und nicht genossen.