Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (7, Die Neuzeit ; Zweite Periode ; 1928)

§ 60. Palästina, die asiatische Türkei, Marokko, Persien 
traf in Safed der Mystiker und Dichter Moses Chaim Luzzato ein, 
der von der Stadt des heiligen Ari, dem Mekka der Kabbalisten, neue 
Inspiration erhoffte (1745). Der heilige Geist wollte jedoch in dem 
verödeten Lande nicht über den Dichter kommen, und er wurde bald 
vom Tode ereilt, ohne in der von ihm neubelebten Sprache des alten 
Palästina je wieder gedichtet zu haben. — Näheres über die Lage im 
damaligen Galiläa erfahren wir aus dem Büchlein „Liebe zu Zion“ 
(„Ahabath Zion“), dessen Verfasser Simcha ben Josua, ein Wallfah 
rer aus Polen, im Jahre 1764 zusammen mit einer Gruppe galizi- 
scher Zaddikim (Nachman Horodenker, Mendel Premischlioner 
u. a.) nach Palästina gekommen war. Die Pilgerschar traf sechs Jahre 
nach der Zerstörung der Stadt durch ein Erdbeben in Safed ein und 
fand dort in den wenigen unversehrt gebliebenen Häusern eine nur 
geringe Zahl von jüdischen Familien vor. Auch die Synagoge des Ari, 
in der die frommen Wanderer voll Inbrunst ihre Andacht verrichte 
ten, war halb zerstört, doch erhob sich darin nach wie vor jene „Bi- 
ma“ (Empore), auf die, wie die Sage wissen wollte, der Vater der 
praktischen Kabbala zur Vorlesung der Thora deren erhabenste Ge 
stalten aus dem Jenseits zu zitieren pflegte: den Hohepriester Aaron 
als Kohen, Moses als Leviten und sodann die Erzväter Abraham, Isaak 
und Jakob sowie das Stammhaupt Joseph. Hinter der Synagoge und 
der Reihe der jüdischen Wohnhäuser befanden sich die Wohnstätten 
der Toten: die Grabmäler des Ari, des Moses Cordovero und anderer 
namhafter Kabbalisten von Safed, geweihte Stätten, an denen die 
Wallfahrer Psalmen sangen und aus dem heiligen „Sohar“ vorlasen. 
Den Gegenstand besonderer Verehrung bildete das in dem nahe Safed 
gelegenen Dorfe Meron befindliche Grab des angeblichen Verfassers 
des „Sohar“ Rabbi Simon ben Jochai. In Tiberias mußten sich die 
Wanderer wieder einmal überzeugen, daß „die Muselmanen die Her 
ren, die Juden aber ihre tributpflichtigen Knechte“ seien, und so 
suchten sie in der Tatsache Trost, daß dort wie in Safed große Syn 
agogen und Lehrhäuser bestanden. In Judäa bekamen sie die Unter 
jochung durch die Mohammedaner noch empfindlicher zu spüren: 
nach Jerusalem wurden die Pilger erst nach Entrichtung einer Kopf 
steuer zugunsten des Paschas gelassen, und auch beim Besuch der 
„Höhle des Propheten Samuel“ sowie jeder der anderen sagenum 
wobenen Grabstätten mußten sie besondere Eintrittsgebühren erlegen. 
Die tiefste Rührung empfanden die Wanderer beim Anblick der To
	        
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